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Dr.med. Ernst Schrott, Arzt für Naturheilverfahren und Homöopathie

30.07.2006 |

1. Wie würden Sie die Abgrenzung von medizinischem Ayurveda zu Wellness definieren?
Ayurveda ist ein umfassendes Medizinsystem, das traditionell von Ärzten zur Vorbeugung und zur Heilung von Krankheiten angewendet wird. Der „Wellnessaspekt“ resultiert aus einigen wohltuenden Anwendungen der ayurvedischen Medizin, meist als Teilanwendung innerhalb der Panchakarma-Therapie.

2. Wie sehen Sie die Rolle des Ayurveda-Arztes und Heilpraktikers gegenüber dem Patienten? Welches Selbstverständnis zeichnet den Arzt oder HP aus
- aus Sicht des Ayurveda
- aus eigener Sicht

Die Aufgabe des Arztes muss sein, nicht Krankheiten zu behandeln, sondern Menschen. Er ist in der Rolle des Fachmannes, der erkennt, führt und therapiert vor dem Hintergrund seiner Persönlichkeit, seiner Erfahrung, seines Wissens und seiner therapeutischen Mittel, die ihm zur Verfügung stehen und die am Patienten anwendbar sind. Arzt im Sinne des Ayurveda (und aus meiner Sicht) ist Berufung und Weg zugleich, es ist auch ein spiritueller Weg, mit dem Ziel den Veda, die Gesetze des Lebens und Heilens in der Natur und in sich selbst zu erfahren und für den Patienten heilend und schützend anzuwenden.

3. Welche Rolle spielt Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem heute und zukünftig?
Welche Risiken und Chancen gibt es? Gibt es Unterstützung oder Hindernisse, sich als Mediziner oder HP mit Ayurveda auseinander zu setzen?

Ayurveda besitzt das Potential, die moderne Medizin perfekt zu ergänzen: mit großem Vorteil für den Gesunden, den Kranken, den Arzt, die Krankenkassen und das Gesundheitswesen als Ganzes. Ayurveda ist eine Vorbeugemedizin par excellence und sie hat bewährte und erfolgreiche Therapien vor allem für solche chronische Krankheiten, für die die moderne Medizin in der Regel keine ursächlich heilenden und nebenwirkungsarmen Behandlungen besitzt.
Derzeit ist Ayurveda als praktiziertes Medizinsystem im Westen noch gering verbreitet, trotz aller Bekanntheit. Ayurveda hat in der medizinischen und wissenschaftlichen Welt aber ein überraschendes Ansehen und Hindernisse bestehen kaum von dieser Seite. Die Kostenerstattung durch die Krankenkassen ist nicht gewährleistet (allerdings beim derzeitigen Entwicklungsstand auch nicht ernsthaft zu erwarten).

4. Gibt es Krankheitsbilder, die prädestiniert sind für die Behandlung durch Ayurveda und welche?
Im Wesentlichen die chronischen Krankheiten: Chronisch entzündliches Rheuma (vor allem Morbus Bechterew, chronische Polyarthritis, Lupus erythematodes, Sklerodermie, CREST-Syndrom), Asthma bronchiale, chronische und akute Sinusitis, chronische und akute Magen-Darmkrankheiten, psychosomatische Krankheiten, Ernährungsstörungen (Über- und Untergewicht), Metabolisches Syndrom, Schlafstörungen, chronischer Kopfschmerz, Migräne.....

5. Haben Sie Kenntnisse über Forschungsprojekte zu Ayurveda? Wenn ja, welche?
 Prof. Ammon, em. Pharmakologe der Universität Tübingen, Mitglied im Wissenschaftsbeirat der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda, hat wichtige Grundlagenforschung zur Wirkung von Boswellia serrata, Shallaki, indischem Weihrauch veröffentlicht.
 Ich selbst bereite mit ihm zusammen derzeit ein Buch vor, das ayurvedische Heilpflanzen, die auch in Europa wachsen oder verfügbar sind, wissenschaftlich aufbereitet und gegenüberstellt.
 Mit Dr. Lavekar, Direktor von AYUSH, der wissenschaftlichen Abteilung des indischen Gesundheitsministeriums, ist eine Zusammenarbeit vereinbart, die dahin geht, Standards für ayurvedische Mittel zu erarbeiten und Vorraussetzung für eine Zulassung in Europa als Arzneimittel zu schaffen.
 Zusammen mit dem bekannten Sarod-Spieler Ranajit Sengupta (Kalkutta) arbeite ich derzeit an der Auswahl und Komposition bestimmter Ragas der Gandharva-Musik zur therapeutischen Anwendung bei definierten Krankheiten.

6. Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich weiterzubilden?
Ich bin Leiter der Akademie der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda. Wir haben ein 4-Jahres-Post graduate-Ausbildungsprogramm mit Qualitätsmanagement für Ärzte und medizinische Heilberufe entwickelt, das alle Konzepte der ayurvedischen Medizin, einschließlich professioneller Pulsdiagnose und Studium der Sanskrittexte lehrt. Darin eingeschlossen sind auch Seminarreisen nach Indien mit praxisorientierten Kursen vor Ort, ausgearbeitet und durchgeführt von namhaften Vaidyas und erfahrenen Dozenten.

7. Reichen aus Ihrer Sicht die Diagnosemöglichkeiten des Ayurveda aus?
Nein. Es ist gefährlich, sich nur auf die eigene Wahrnehmung und Erfahrung zu verlassen, nur Meistern der ayurvedischen Diagnostik gelingt es, eine vollständige Diagnose zu stellen und selbst diese verlangen meist eine Bestätigung durch moderne Diagnoseverfahren. Oder sollten Ihrer Ansicht nach weitere naturheilkundliche und/oder schulmedizinische Diagnosemethoden hinzugezogen werden?

8. Gibt es noch Aspekte, die Ihnen speziell wichtig sind?

Dr. med. Ernst Schrott, Arzt für Naturheilverfahren und Homöopathie
Steyrerweg 11
93049 Regensburg
www.vedamed.de


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