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Interview mit Heike Seegebarth (HP)

Interview mit Heike Seegebarth (HP)

04.05.2006 | "Ayurveda ist nichts Abgehobenes, nichts Esoterisches."Heike Seegebarth wurde in Indien geboren. Ihre deutschen Eltern verließen das Land, als sie ein Jahr war. Nach ihrer Heilpraktikerausbildung studierte sie Ayurveda an der Universität in Coimbatore (Südindien) und lernte danach direkt von traditionell arbeitenden Vaidyas, insgesamt 3 Jahre lang. Seit 1997 führt sie eine eigene Praxis, zunächst in Nürnberg, heute direkt am Bodensee. Auch hält sie seit Praxiseröffnung stetig Seminare und Ausbildungen für Ayurveda.

     

ayurveda-portal.de: Wie sind Sie zu Ayurveda gekommen?

Heike Seegebarth:
Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich folgenden Hintergrund schildern: Ich bin in Indien geboren, meine Eltern sind aber wieder nach Deutschland zurückgekommen, als ich 1 Jahr war. Von daher hatte ich ‚von Geburt an’ ein Interesse an Indien und wollte immer wieder mal nach Indien zurückgehen, um zu sehen, ob ich dort Wurzeln habe.
Ein grundsätzlich wichtiger Aspekt war jedoch, dass ich mich schon immer für Pflanzen interessiert habe. Daher begann ich eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Ich lebte in Berlin und hatte sehr gute Lehrer, die mir dieses alte Pflanzenwissen sehr gut vermittelt haben. Je mehr ich darüber lernte, desto klarer wurde mir, dass ich das nicht nur für mich lernen wollte, sondern auch damit arbeiten wollte.
So lag es nicht fern, dass ich schon bald Kurse in der indischen Naturheilkunde Ayurveda besuchte und alles darüber las, was ich in die Finger bekommen konnte. Anfang der 80er Jahre gab es da aber noch nicht so viel in Deutschland. Auf einem Seminar habe ich nachgefragt, wo man fundiertes Ayurveda lernen kann und erfuhr von dem Ayurveda College in Coimbatore, Tamil Nadu in Südindien , die mir dann auch von einer anderen Seite empfohlen wurde. Es hat dann aber noch 4 Jahre gedauert, bis ich wichtige Punkte in meinem Leben abgeschlossen hatte, das notwendige Geld hatte, um dorthin zu reisen und zu lernen. Auch meine Wohnung gab ich auf, da das kein Grund sein sollte nach Deutschland zurückzukehren. Ich wusste, dass ein neuer Lebensabschnitt, ein neuer Raum für mich anfangen wird. Ich bin dann auf dem Landweg gereist, weil ich hautnah miterleben wollte, wie sich die Menschen und das Land auf dem Wege dazwischen verändert. Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis ich am Ziel war.
Als ich in der Universität in Südindien angekommen bin, war ich die Einzige der angemeldeten Teilnehmer, die die Ausbildung antreten wollten. Wegen der Pest, die zu dem Zeitpunkt in Indien ausgebrochen war, hatten alle anderen abgesagt. Das war 1994.
Ich hatte großes Glück, denn die Ausbildung fand trotzdem statt. Ich hatte vier ayurvedische Ärzte als Lehrer und einen Yoga Meister. Es war einfach toll, eine sehr intensive Ausbildung. Es ging nach meinem Tempo, nach meinen Fragen. Das Ganze dauerte drei Monate. Von der Theorie war ich begeistert. Das, was ich über westliche Heilsysteme gelernt habe, konnte ich wie Puzzlesteine zu einem Ganzen zusammenfügen. Alle „ganzheitlichen“ Systeme haben ihren Stellenwert. Sie sind aber alle in Ayurveda, dem Wissen vom Leben, enthalten. Ich dachte mir, in der Theorie ist das alles ganz toll, aber wie sieht es in der Praxis aus? Deshalb machte ich eine Panchakarmakur in einem traditionellen Krankenhaus und das hat mich dann völlig überzeugt.
Meine Professoren empfahlen mir sehr gute Vaidyas, Ayurveda-Ärzte, bei denen ich in der Praxis lernen konnte. Ich war überall die erste Westlerin und mir wurden überall die Türen geöffnet.
Aus drei Monaten sind dann drei Jahre geworden. Danach hatte ich sieben Jahre lang eine traditionelle Ayurveda Praxis in Nürnberg, in der auch ein indischer Ayurveda-Arzt mit Rat zur Seite stand. Außerdem war ich im ständigen Austausch mit anderen Ayurveda-Ärzten in Indien und habe Studienreisen organisiert.



ayurveda-portal.de: Wie sehen Sie die Rolle von Ayurveda im europäischen Gesundheitssystem?

Heike Seegebarth:
Ich denke, Ayurveda kann sehr viel zum westlichen Gesundheitssystem beitragen.
In der Schulmedizin wird immer ein bestimmter Teil des Körpers betrachtet und nicht wirklich im Zusammenhang gesehen. Aber es hängt alles zusammen.
Wenn der Zeh weh tut, dann hängt auch die Psyche an dem Zeh, wir denken immer an den Zeh. Das Blut, das durch den Zeh fließt, fließt auch durch den ganzen Körper und eine Entzündung, die am Zeh ist, ist auch im ganzen Blut nachzuweisen. Deshalb kann ich nicht nur einen Teil behandeln, sondern muss alles im Ganzen behandeln und betrachten.
Gerade die ganzheitliche Herangehensweise im Ayurveda kann hier im Westen sehr unterstützend wirken. Schulmedizin ist meiner Meinung nach mehr in Notfällen und bei chirurgischen Eingriffen notwendig. Bei chronischen Erkrankungen kommt sie oftmals nicht sehr weit und das ist ja der Bereich, in dem der Ayurveda sehr gut wirkt. Zum Beispiel sind die rheumatischen Erkrankungen ein Hauptbereich im Ayurveda. Die Schulmedizin hat hier keine Heilungsmöglichkeiten, sondern kann nur das Fortschreiten verlangsamen oder „Ersatzteile“ austauschen. Deshalb bin ich immer sehr daran interessiert, mit Ärzten zusammenzuarbeiten, in einem Miteinander, im Interesse des Patienten.



ayurveda-portal.de: Inwieweit sind die klassischen Schriften auf den Westen übertragbar?

Heike Seegebarth:
Die Schriften sind übertragbar. In ihnen werden zum Beispiel 5000 verschiedene Symptome aufgelistet. Diese 5000 Symptome sind die, die es schon damals in Indien gegeben hat, die es aber auch heute im Westen gibt. Bauchschmerzen sind Bauchschmerzen, egal, ob sie ein Inder oder ein Europäer hat. Es sind die gleichen Krankheitsbilder, die hier und dort auftreten. In Ayurveda betrachtet man, welche Symptome der Patient spürt. So können sich zum Beispiel die Krankheitsbilder - aus sämtlichen Symptomen, die eine Person verspürt, zusammengefügt - von einem Rheumatiker zum anderen unterscheiden – so auch die Behandlung.
Ein anderer oft falsch verstandener Punkt ist: im Ayurveda heißt es nicht, dass wir uns indisch ernähren sollen, sondern es heißt, dass wir das zu uns nehmen sollen, was den Jahreszeiten entsprechend wächst und was in unserer Umgebung wächst. Ayurveda sagt auch: das beste Heilkraut wächst vor Deiner Tür.
In den Schriften werden die indischen Pflanzen erwähnt, weil Ayurveda auch dort entstanden ist. Die ganz alten Rezepturen sind vor mehr als 4000 Jahren entstanden, als die Menschen noch viel mehr im Einklang mit der Natur lebten, auch viel tiefer in Meditation waren und gespürt haben, welche Pflanzenkombinationen am besten sind Es sind Kombinationen in denen sich die Pflanzen gegenseitig optimal ergänzen und verstärken. Diese alten Kombinationen werden auch heute noch verwendet, da sie so effektiv sind. Die neu entwickelten Kombinationen sind selten so effektiv wie diese alten.
Daher ist es auch nicht so einfach, Pflanzen von hier zu nehmen und daraus verschiedene Öle oder Kräuterpräparate herzustellen. Mein Ziel ist es mehr und mehr, mein Wissen von den westlichen Pflanzen mit dem ayurvedischen Wissen zu verbinden und in der Behandlung einzusetzen. Aber dafür will ich mir mehr Zeit nehmen, um die entsprechenden Kombinationen durch Intuition und Meditation zu entwickeln und nicht einfach nur am Patienten ausprobieren.
Das muss nicht wieder tausende von Jahren dauern, bis die Effektivität sich bewiesen hat. Auch in unserem Kulturkreis hat es Menschen gegeben (und gibt es wieder), die einen engen Kontakt zur Natur hatten und Pflanzen erspürt haben, wie zum Beispiel Samuel Hahnemann oder Edward Bach. Es ist wichtig in die tiefe Meditation mit den Pflanzen zu gehen.


ayurveda-portal.de: Welche sind Ihre aktuellen Projekte?

 

Heike Seegebarth: Ich habe am 3.Dezember 2005 das Ayurveda-Haus an der alten Linde eröffnet. Hier führe ich Panchakarmakuren durch, die immer sehr individuell sind. Der Rahmen ist klein und sehr persönlich - damit die ganze Aufmerksamkeit gegeben werden kann. Es geht mir vor allem um das ‚Sich Einlassen’ und um das individuelle Begleiten.

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Aber auch Sprechstunde halte ich dort und immer gehört auch die Ernährungsberatung dazu. Einzelne Massagen gebe ich gewöhnlich nicht, nur jetzt am Anfang „zum Kennenlernen“ gibt es für eine begrenzte Zeit einen Verwöhntag mit Massage und ausführlicher Beratung; sowohl Ernährung als auch Lebensberatung, einschließlich einer Diagnose.
Und ich gebe seit 8 Jahren Ausbildungen für Menschen, die gerade mit Ayurveda am Anfang stehen. Aktuell beginnt gerade eine Ausbildung für Frauen. Ab Oktober gebe ich dann für Therapeuten eine aufbauende Ausbildung. Regelmäßig halte ich Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen. Aber es finden auch andere Seminare in diesem Bereich im „Ayurveda Haus an der alten Linde“ statt.
In der zweiten Jahreshälfte 2006 werde ich meinen Handel mit traditionellen ayurvedische Produkten ausbauen. Dabei ist mir wichtig, dass die Produkte auf Reinheit kontrolliert sind. Hierfür arbeite ich mit dem Institut Fresenius zusammen.


ayurveda-portal.de: Wo kann man von Ihnen Konsultationen erhalten?
 

 

Heike Seegebarth: Normalerweise nur in Gaienhofen – Horn am Bodensee, in dem Ayurveda-Haus an der alten Linde . Es ist wichtig, jemanden bei der Erstberatung persönlich zu sehen, danach geht es auch telefonisch. Es ist nicht nur wichtig, was die Person sagt, sondern auch, wie sie es sagt - einfach das gesamte Auftreten. Wenn man sich gegenübersitzt, ist es natürlich viel einfacher, auf das Verhalten, auf die Ernährung, auf die psychische Grundstruktur, auf das psychische Problem mit einzugehen Im Ayurveda sieht man, dass fast alle Krankheiten auch eine Ursache im psychischen Bereich haben.

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Ayurveda-portal.de: Haben Sie einen persönlichen Ayurveda-Lehrer oder Meister?

Heike Seegebarth:
Ich habe verschiedene Lehrer, wobei sich das verändert. Mir ist es wichtig, auch verschiedene Meinungen zu hören. Außerdem lese ich immer wieder in den alten Schriften. Es gibt mittlerweile so viele ayurvedische Bücher, aber es wird viel von einander abgeschrieben (auch leider manchmal das falsche). Deshalb lese ich am liebsten in den Originaltexten, wie Ashtangha Hrdayam, Charaka Samhita... Wenn ich Fragen habe, frage ich meine Ärzte in Indien.



ayurveda-portal.de: Wie finden Sie das Ayurveda-Portal?

Heike Seegebarth:
Ich finde es einfach toll, dass das Ayurveda-Portal die Menschen aus den verschiedenen Ayurveda-Richtungen unter einen Hut bekommt. Das Portal zeigt, was es alles gibt im Ayurveda - auch die verschiedenen Standpunkte. Es ist gut durchdacht und bietet vielfältige Möglichkeiten, sich zu informieren und sich auszutauschen.



ayurveda-portal.de: Wollen Sie unseren Besuchern noch etwas auf den ‚ayurvedischen’ Weg geben?

Heike Seegebarth:
Wichtig für mich ist, dass jede Person wieder mehr lernt, auf sich zu hören: welche Ernährung, welches Verhalten und welche psychische Grundstruktur sind gut und welche haben zu einer Erkrankung geführt und welche helfen, wieder gesund zu werden.
Für mich selber gibt es eine wichtige Verbindung in Gaienhofen, denn hier hat Hermann Hesse viele Jahre gelebt. Schon als Jugendliche habe ich ihn mit großer Faszination gelesen. In seinem Gedicht „Stufen“ beschreibt er sehr treffend (nicht wörtlich zitiert):
(…)Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
in keinem verharren,
kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und
traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen. (…)
Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde. *siehe unten

Das bedeutet für mich: Kaum haben wir es geschafft, gesund zu werden, oder wissen die Richtung in die wir gehen sollen, um wieder swastha, Gesundheit, zu erlangen. Da droht dann das Erschlaffen, wir beginnen, uns weniger weiterzubewegen. Aber gerade dann gilt es wieder aufzuwachen und weiter mit wachen Sinnen durch das Leben zu gehen! Swastha, das Sanskrit Wort für Gesundheit, heißt auch „sich selber sein“. Gesundwerden ist folglich auch der Prozess weiter zu sich selbst zu finden.
Ich finde es einfach wunderbar, dass ich Menschen bei diesem Prozess begleiten kann.

Dabei ist es mir ein Anliegen, die Bodenständigkeit von Ayurveda immer vor Augen zu haben: Ayurveda ist nichts Abgehobenes, nichts Esoterisches. Es bedeutet mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen. Für mich ist dieses Haus mit der 150 Jahre alten Linde auf dem Grundstück so ein Symbol für diese Bodenständigkeit.
Auch das Traditionelle und Authentische in meiner Arbeit ist wichtig. Zum einen in Bezug auf das Wissen, was ich erlernt habe und immer noch erlerne. Zum anderen bezogen auf die Präparate, die Öle, die ich verwende. Alles ist auf das Individuum abgestimmt.
Und es muss eine Vorbereitung da sein vor einer Kur und auch eine Weiterbetreuung nach der Hauptbehandlung, nach der Kur. Gerade nach der Reinigung können die Präparate noch mehr in die Tiefe wirken, eben intensiv einwirken. Da fängt die Arbeit und Heilchance erst richtig an. Das wird manchmal leider vergessen.
Was mir immer wieder allgemein auffällt, ist die Absolutheit, mit der zum Beispiel die Ernährungsrichtlinien des Ayurveda hier im Westen verstanden werden. Im Ayurveda heißt es bevorzugen oder reduzieren, nicht Ja oder Nein. Alles ist gut, es kommt nur auf die Dosis darauf an, was für wen gut ist. Bestimmte Nahrungsmittel und Gewürze sollen überwiegen. Andere sind zu reduzieren. Wenn man immer Verlangen nach etwas bestimmten Ungesunden hat, z. B. Schokolade, und immer nur an diese Schokolade denkt, dann kann einen das Verlangen danach unglücklicher und kränker machen, als wenn man sich mal davon ein kleines Stückchen nimmt und bewusst genießt. Auch sie MAL zu essen ist kein Problem. Die Ernährung wird individuell ausgewählt.
Eine wesentliche Hilfestellung in der Betreuung von Patienten ist also die Art der Betrachtungsweise. Krankheiten haben eine Ursache und können uns folglich auch Hinweise geben, was wir verändern können, damit wir dahin kommen, dass wir glücklich leben können, wenn wir bereit sind die Ursache zu beseitigen. Denn in unseren schwersten Zeiten liegt die Chance, dass sie unsere besten, lehrreichsten Zeiten werden. Zeiten in denen wir wachsen können. Wir wachsen nicht, wenn alles so glatt geht. Das ist dieses Erschlaffen, was ich mit den Zeilen von Hermann Hesse gemeint habe. Und so gibt es viele Situationen, in denen uns - wenn wir unseren Blickwinkel verändern - eine andere, neue Betrachtungsweise sehr helfen kann.

ayurveda-portal.de: Vielen Dank Frau Seegebarth.



Kurzbiographie:

1965 wurde Heike Seegebarth von deutschen Eltern in der Nähe von Kalkutta geboren.
In ihrer Kindheit folgten alle paar Jahre ein Wohnortwechsel, unter anderem auch nach Venezuela. Dadurch musste sie schon als Kind sich für andere Kulturen öffnen, was ihr später in Indien eine große Hilfe war, sich auf das Land und die Kultur einzulassen.
1987 – 1988 Studium der indischen Philologie an der Freien Universität in Berlin.
1988 – 1992 Studium der Naturheilkunde (Schwerpunkt: Phytotherapie und chinesische Medizin)
1991 Ausbildung in klassischer Massage und Anatomie, parallel: Yoga Fortbildung im Sivananda-Yoga-Zentrum in der Nähe von Trivandrum, Südindien.
1992 Zulassung zur staatlich geprüften Heilpraktikerin
1994 – 1997 Ayurveda Studium in Indien an der Universität in Coimbatore (Südindien) und direkt von traditionell arbeitenden Vaidyas (Ayurveda-Ärzten). Ein paar von ihnen leben heute leider nicht mehr. Yoga Ausbildung in klassischem Yoga bei dem Yogameister Sri V.V. Vasudevan.
1997 – 2005 Ayurveda Praxis für traditionelles Ayurveda in Nürnberg
2005 Eröffnung vom „Ayurveda Haus an der alten Linde“ am Bodensee mit seinen drei Standbeinen: Praxis, Seminar und Handel.

Seit 10 Jahren hält sie Seminare über Ayurveda und seit 8 Jahren leitet sie Ayurveda-Ausbildungen, teilweise in Kooperation mit indischen Ärzten. Leitung von drei Ayurveda-Studienreisen. Seit 1998 zahlreiche Veröffentlichungen von Artikeln in Fachmagazinen.

Das Ayurveda Haus an der alten Linde
Vogelsangstr. 6
78343 Gaienhofen-Horn
E-Mail: info@traditionelles-ayurveda.de
www.traditionelles-ayurveda.de

   

* Hermann Hesse, Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf* um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!


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