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Interview mit Dr. Vinod Verma

Interview mit Dr. Vinod Verma

15.08.2005 | "Ayurveda zu studieren, ist, wie wenn man eine Zwiebel schält. Es geht immer weiter und weiter."Dr. Vinod Verma ist 2-fach promovierte Wissenschaftlerin, die jahrelang in der medizinischen Forschung im Westen tätig war. Ihr Weg führte Sie aber wieder zurück zu Ihren Wurzeln, denn von Ihrer Großmutter war sie in frühen Jahren in das ayurvedische Wissen eingeführt worden. Dr. Vinod Verma studierte den Ayurveda im klassischen Lehrer-Schüler Verhältnis bei Acharya Priya Vrat Sharma, den sie auch heute noch regelmäßig konsultiert. Sie leitet zwei Zentren in Nordindien, ist erfolgreiche Buchautorin und gibt weltweit Seminare und Workshops.  

      

ayurveda-portal.de: Wie sind Sie zu Ayurveda gekommen ?

Dr. Vinod Verma: Ich habe Medizin und Biologie in Frankreich und Indien studiert und mit zwei Doktorgraden abgeschlossen. Danach habe ich viele Jahre an renommierten Instituten in Amerika, Indien, Frankreich und Deutschland in der Forschung gearbeitet.
Es war schon immer meine Natur, Menschen Empfehlungen für eine gesunde Lebensweise zu geben. Meine Großmutter war eine ayurvedische Heilerin. Sie heilte mit Kräutern und ihren Händen.
Jeden Tag standen lange Schlangen von Frauen und Kindern vor ihrem Haus.
Dabei gab sie auch immer Anweisungen zur Ernährung, zur Lebensführung und ich habe dieses Wissen verinnerlicht und danach gelebt.
1986 begann ich, Sutras von Patanjali zu übersetzen und durch diese spirituelle Arbeit kam die Inspiration zu „New Way Health Organisation. NOW.“ Hier sollte das Wissen aus der ganzen Welt zusammenfließen, vielleicht aus Japan, vielleicht aus Deutschland, aus Italien, aus dem Mittelalter, von Ayurveda.
1987 ging ich nach Indien und suchte einen Ayurveda-Professor auf, dessen Bücher ich schon seit 1979 studiert hatte: Professor Priya Vrat Sharma. Er war schon im Ruhestand, aber er nahm mich als seine Schülerin auf.
Ayurveda zu studieren, ist, wie wenn man eine Zwiebel schält. Es geht immer weiter und weiter.
Meine ersten Buchveröffentlichungen zu Ayurveda, Anfang der 90er Jahre brachten mir viel Anerkennung und Öffentlichkeit. In meinem Haus in der Nähe von New Dehli begann ich, Studenten nach alter Guru-Tradition zu unterrichten.
Meinen Weg zu Ayurveda in diesem Leben empfinde ich so:
In vielen meiner Vorleben war ich ein Vaidya und in einem dieser Vorleben hatte ich den Wunsch, mehr über die allopathische Medizin zu erfahren, damit ich besser mit Schulmedizinern diskutieren könnte.
Dieser Wunsch wurde in diesem Leben erfüllt. Ich startete meine medizinische Ausbildung in der klassischen Schulmedizin, machte dort auch meine Abschlüsse und arbeite jetzt wieder mit Ayurveda. Ich habe das Gefühl, das alles, was ich bisher getan habe, nur eine Vorbereitung auf das war, was ich jetzt tue.


ayurveda-portal.de: Wie sehen Sie die Rolle von Ayurveda im europäischen Gesundheitssystem ?

Dr. Vinod Verma: Ayurveda gibt uns Hinweise auf eine gesunde Lebensweise und fordert uns auf, Verantwortung für uns selbst, für die eigene Gesundheit zu übernehmen.
Die Stärke von Ayurveda im europäischen Gesundheitssystem liegt in der Prävention.
Ein weiterer Aspekt ist das Erlernen der eigenen Pflanzenmedizin auf Basis der wissenschaftlichen Methoden des Ayurveda
Ich mache viel Forschung in Hinblick auf Pflanzen, das ist mein Spezialgebiet.
Zum Beispiel "Wermuth": Wermuth ist bitter, ist bekannt dafür, dass es blutreinigend wirkt: Ayurveda sagt, Wermuth hilft, Hitze aus dem Körper zu nehmen, es unterstützt die Leber, aber ein Zuviel an Wermuth kann Vata ins Ungleichgewicht bringen. Deshalb: Kombiniere Wermuth mit Thymian und Ingwer und ein bisschen Pfeffer und du hast das perfekte Mittel gegen Störungen in der Leber.
Das ist mein Ziel für Europa.
Keine Pharmaindustrie, kein Gesundheitsministerium kann Menschen davon abhalten, sich selbst zu heilen.
Lehre die Menschen, wie man Pflanzen einsetzt, um den Körper in Balance zu halten und über allem, lehre sie eine gesunde Lebensweise.
Bei Verstopfung muss man noch nicht einmal Pflanzen nehmen. Trinke heißes Wasser am Morgen, eine heiße Suppe am Abend und wenn das nicht hilft, heiße Milch mit Safran vor dem Schlafengehen.
Ayurveda ist nicht neu in Europa. Als ich mein Buch "Ayurveda - way of life" schrieb, schenkte ich ein Exemplar meinem Professor in Paris. Er las mein Buch and sagt mir, dass die Inhalte für ihn nicht überraschend waren. Er hatte noch Hipprokrates’ Aphorismen studiert und er sagte mir, dass es viele Übereinstimmungen gäbe.
Da habe ich mich intensiver mit der Geschichte der Medizin beschäftigt und lernte, dass Hippokrates sehr viel in Asien studiert hat und in direktem Kontakt mit vielen traditionellen Medizinen aus der ganzen Welt war. Es sieht so aus, als ob Hippokrates und Sushruta in direktem Kontakt waren bzw. mit seinen Studenten. Wir wissen das nicht so genau, weil in den alten Schriften keine Namen genannt wurden. Es ist auch bekannt, das im 10.Jhd, Ayurveda nach Arabien kam und von dort nach Europa. Es ist nicht neu. Ich sehe keine Unterscheidung in Ost und West.
Wenn wir von Medizin reden, sollten wir nicht nur das moderne Verständnis von Medizin im Kopf haben. In den alten Zeiten bedeutete Medizin "was Leben gibt". In Ayurveda gibt es auch nicht die Unterscheidung in Arzneimittel und Essen. Alles, was Deinem Leben Balance gibt, ist Arznei, alles, was Dir Leben nimmt, Dich ins Ungleichgewicht bringt, ist Gift. Das sind wundervolle Worte und sie gelten überall.


ayurveda-portal.de: Inwieweit sind die klassischen Schriften auf den Westen übertragbar ?

Dr. Vinod Verma: Ich sehe keine Abgrenzungen, weil Ayurveda die Mutter der Medizin ist.
Besonders aufgefallen ist mir das in der Schweiz und zumTeil auch in Ost-Deutschland, wo Tradition noch sehr intakt ist. Oft sagen mir Menschen, dass Sie das, was sie von mir hören, noch von Ihren Großmüttern kennen.
Charaka sagt, dass die Prinzipien des Ayurveda unabhängig von Raum und Zeit gelten.
Was sich aber mit Raum und Zeit ändert, ist die Nahrung und die Medizin.
Ich praktiziere das reine Himalaya Ayurveda. Auf dem Weg nach Südindien hat sich einiges geändert, Südindien hat wiederum neue Dinge hinzugefügt.
Aber die Prinzipien selbst ändern sich nicht. Das Konzept von Vata - Pitta - Kapha ändert sich nicht. Die Prinzipien gelten für Europa genauso wie für Indien.
Bezüglich der Medizin ist es mein Ziel, heimische Pflanzen in Europa zu finden, die Pflanzen aus Indien ersetzen können.
Zum Beispiel ist Triphala hier nicht erhältlich. Aber man kann es ersetzen durch Kamille oder Johanniskraut. Ich habe diesen Aspekt intensiv erforscht und in meinem Buch „Das Ayurveda-Programm für jeden Tag“ die genaue Dosierung und Art der Verabreichung beschrieben.
Die Schriften gelten jenseits von Raum und Zeit und mein Ziel ist es, diese Schriften in die Welt weiter zu tragen.
Leute wie wir sind die Nachfolger von den alten Gelehrten und wir setzen eine Tradition fort. Die Hälfte meiner Bücher bestehen aus Zitaten von Charaka, Sushruta, Vedas, Upanisads, Bhagvada Gita und anderen alte Schriften.


ayurveda-portal.de: Welches sind Ihre aktuellen Projekte ?

Dr. Vinod Verma: 1. Ich verbreite das Wissen des Ayurveda über Gesundheit in die Welt.
Dabei geht es mir nicht darum, Menschen zu Doktoren auszubilden. An Schulen in Europa und Indien bilde ich Menschen in den tagtäglichen Weisheiten des Lebens aus.(Charaka School of Ayurveda).
2. Ich führe viele Recherchen durch. Insbesondere recherchiere ich die gelebte Tradition des Ayurveda. Nicht alles wurde niedergeschrieben. Viel Wissen droht deshalb auch, verloren zu gehen.
3. Ich habe ein Wohltätigkeits-Projekt. Meine Stundenten und ich besuchen Schulklassen, um dort das Wissen von Ayurveda zu verbreiten.
4. Ich erforsche Pflanzen aus Ost und West und wie man sie als Heilmittel verwendet.
Charaka sagt, verwende Medizin aus Deiner Region.
Ich kann den Menschen sagen, dass es eine Pflanze im Himalaya gibt, die die Leber heilt, aber besser ist es doch, dass ich die Wirkungen von Wermuth erforscht habe und den Menschen damit etwas an die Hand gebe, was in ihrer Region verfügbar ist. Anhand von heimischen Pflanzen können sie Erfahrungen sammeln und haben dadurch einen ganz anderen Bezug zu Ayurveda.
5. Ein weiterer Aspekt meiner Arbeit ist die Kombination von traditionellem Wissen mit modernem Wissen.
Die Hälfte meines Lebens habe ich im Bereich der modernen medizinischen Wissenschaft gearbeitet. Das waren für mich sehr wertvolle Erfahrungen, die mir bei meinen ayurvedischen Forschungen helfen.


ayurveda-portal.de: Wo kann man von Ihnen Konsultationen erhalten ?

Dr. Vinod Verma: Ich praktiziere nicht. Ich gebe ab und zu Konsultationen, um Menschen einen Weg im Leben aufzuzeigen. Diese Konsultation dauert 2 Stunden und ich beginne in der Kindheit, und arbeite grundlegende Probleme auf. Manchmal ist es nur eine Angst, eine Unsicherheit.
Ich schaue in die Aura und auch in das kleine Horoskop.
Ich führe die 3-dimensionale Therapie des Ayurveda durch, so wie Charaka das auch empfohlen hat: rational, psychisch und spirituell.
Das ist für mich, was Ayurveda ausmacht.
Wenn ich anfangen würde, Krankheiten zu heilen, dann hätte ich keine Zeit mehr für meine Forschungen. Forschung und die Verbreitung von Ayurveda sind aber meine Hauptanliegen.


ayurveda-portal.de: Haben Sie einen persönlichen Ayurveda-Meister ?

Dr. Vinod Verma: Mein spiritueller Guru ist Patanjali. Mein ayurvedischer Guru ist Professor Priya Vrat Sharma.
Bis vor fünf Jahren war er öfter in Dehli, weil er zu Sitzungen des Ministeriums eingeladen war. Er ist eine sehr wichtige Person in Indien. Dort hatten wir dann auch Gelegenheit, uns zu treffen.
Mittlerweile telefonieren wir hauptsächlich, das aber sehr häufig. Wenn ich Probleme habe, frage ich ihn. Jedes Buch, das ich veröffentlicht habe, ist mit seiner Hilfe, seiner Führung entstanden.
Ich bin seine einzige Schülerin, die seine Tradition fortsetzt und in die Welt trägt.


ayurveda-portal.de: Wie finden Sie das Ayurveda-Portal ?

Dr. Vinod Verma: Ich finde, Ihr Portal ist eine tolle Idee.
Wenn man bedenkt, wie populär Ayurveda mittlerweile geworden ist, dann brauchen wir eine Stelle, an der Menschen ihr Wissen und ihre Auffassungen darlegen können und wo Interessierte das für sich Passende heraussuchen können.
Meine Empfehlung an Sie: Das Ayurveda-Portal soll ein Ort sein, an dem Menschen inspiriert werden. („sattvic work“)


ayurveda-portal.de: Wollen Sie unseren Besuchern noch etwas auf den „ayurvedischen“ Weg geben ?

Dr. Vinod Verma: Es gibt einige einfache Lebensweise-Empfehlungen im Ayurveda, wie zum Beispiel das Heißwasser-Trinken, aber natürlich nicht nur das. Es gibt einige goldene Regeln in der Ernährung.
Das Befolgen einiger weniger Prinzipien kann das Leben schon verändern.
Was mir darüber hinaus sehr wichtig ist, ist Sattva. Sattva ist die innere Stille und Ruhe.
Unser Leben ist aber voll von Rajas and Tamas.
Rajas ist Aktivität, Du baust ein Haus, du hast vielleicht Kinder, Du mußt Lebensmittel, Kleidung und Nahrung einkaufen...das ist Rajas, es ist normal, ein Teil des Lebens. Eingebettet in Rajas ist Tamas. Du machst, machst, machst, und kommst irgendwann an einen Punkt, wo Du einfach nicht mehr weiter kannst, dann beginnen sich Deine Sinne teilweise zu verschliessen. Das ist Tamas. Tamas ist Trägheit.
Tamas behindert Deine innere Entwicklung, zum Beispiel durch Neid, Wettbewerb, Lüge.
Sattva bringt Balance in das Leben. Sattva bedeutet nicht, dass man ständig meditieren muss. Es geht um kleine Routinen, wie etwa morgens aufzuwachen, nach Osten zu schauen und sich für den neuen Tag zu bedanken. Wenn man abends schlafen geht, sollte man sich für die Nachtenergie bedanken und für eine ungestörte, erholsame Nachtruhe beten.
Charaka hat einiges dazu geschrieben. Ich nenne es, wie man Sattva in seinen Tag "einstreut". Sattva muss integriert werden, um Balance ins das Leben zu bringen.
Außerdem müssen wir mehr Selbstverantwortung für unser Leben, für unsere Gesundheit übernehmen. Das soll nicht heißen, dass wir keine Ärzte mehr brauchen. Geh aber nicht zum Doktor, als ob Du ein Auto in die Werkstatt bringst.
Du bist ein menschliches Wesen. Denke darüber nach, warum Deine Augen heute geschwollen sind, warum sich Dein Körper heute steif anfühlt. Hast Du Deinem Körper zuviel zugemutet? Hast du etwas gegessen, was Dir nicht bekommt?
Das ist meine Botschaft.


ayurveda-portal.de: Dr. Vinod Verma, vielen Dank für dieses Interview.


Kontakt:
Dr. Vinod Verma
vermayur@vsnl.com
www.ayurvedavv.com
Lesen Sie hier: Lebenslauf Dr. Vinod Verma (englisch)



Bücher:

 

 

Abnehmen und schlank bleiben mit Ayurveda

Abnehmen und schlank bleiben mit Ayurveda
Nymphenburger Verlag, 2005
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Das Ayurveda-Schönheitsbuch

Das Ayurveda Schönheitsbuch
Nymphenburger Verlag, 2005
Euro 19,90

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Ayurveda

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Agnüller Urania, 1997
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Gesundheit durch Yoga und Ayurveda

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Agmüller Urania, 1998
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Kamasutra für Frauen
Scherz Verlag, 1994
Euro - (nicht mehr lieferbar)

 

Weshalb Pfeffer beim Sex hilft

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Nymphenburger Verlag, 2002
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Die Lebensküche

Die Lebensküche - Meine besten Ayurveda-Rezepte
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Das Ayurveda-Programm für jeden Tag

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Nymphenburger verlag, 2002
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Ayurveda, Der Weg des gesunden Lebens

Ayurveda - der Weg des gesunden Lebens
Heyne Verlag, 1998 (gebundene Ausgabe)
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Pulsdiagnose in der Chinesischen, Tibetischen und Ayurvedischen Medizin

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BACOPA Verlag, 2005
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Weitere Neuerscheinungen sind in Planung.
Das Ayurveda-Portal wird berichten.

   
   
   



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