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Interview mit Vaidya Vilas Nanal

Interview mit Vaidya Vilas Nanal

04.09.2007 | "Der Ayurveda verdient es, keine Alternative, sondern eine generelle Medizin zu sein." Vilas Nanal gehört zur dritten Generation der gelebten Nanal Tradition und wurde in eine Familie von Denkern, Praktizierenden und Wissenschaftlern hineingeboren. Er studierte Ayurveda in Bombay und Puna. Heute unterrichtet er sowohl Studierende als auch Doktoranden des Ayurveda. Bekannt wurde er durch seine Erkenntnisse zu Herzkrankheiten, Gelenksproblemen und HIV. Seit einem Jahrzehnt bereist er Europa, um das ayurvedische Wissen den Menschen näher zu bringen. Das folgende Interview können Sie auch original in englisch lesen.

ayurveda-portal.de: Wie sind Sie zu Ayurveda gekommen?

Vilas Nanal: Ich wurde hineingeboren! (er lacht)…Ja, wirklich! Ich gehöre einer Familie von Ayurveda-Ärzten an. Mein Großvater war der Gründer des Ayurveda Colleges in Puna. Mein Vater studierte unter ihm und im College, so dass er sowohl die traditionelle als auch die institutionelle Ausbildung erhalten hat.

Als Kind lernte ich ebenfalls von meinem Vater. Ich ging mit ihm zu vielen verschiedenen Märkten, um die Materialien für die Medizin zu kaufen. Ich war von Anfang an sehr interessiert und so wurde ich mit dem Ayurveda vertraut gemacht. Ich hatte sozusagen ‚hands on training’ – Praxistraining.

Dann ging ich auf das Occuaptional Therapy School, Seth G.S. Medical College, Mumbai College, welches einen Abschluß in medizinischen Hilfswissenschaften ermöglicht, und studierte unter sehr bekannten Ärzten.

Anschließend arbeitete ich für zwei Jahre in einem Allgemeinkrankenhaus in Bombay, um mich dann dem Ayurveda zu zuwenden. Somit habe ich erst 6 Jahre später die Aufnahme in der Universität von Bombay beantragt. Aufgrund des Gesundheitszustandes meines Vaters ging ich dann nach Puna. Dort machte ich dann auch meinen Abschluss. Seit 1978 lehre ich in dem gleichen Institut in dem ich meinen Abschluss gemacht habe.

So verlief mein Weg zum Ayurveda bis heute. Ich würde sagen, dass ich ein wenig Hintergrundwissen der Modernen Medizin habe; und ich würde sagen, dass ich bezogen auf den Ayurveda sehr gut ausgebildet bin – sowohl aus traditioneller Sicht als auch im Hinblick auf die staatliche Ausbildung.

Mein Sohn ist ebenfalls Ayurveda-Arzt. Er hat ein Panchakarma-Diplom und ein Diplom als Medical Doctor in Kaya Chikitsa. Er unterstützt mich seit Juni diesen Jahres als Lehrer.

Es sind also 4 Generationen – ich glaube, es ist richtig, zu sagen, dass ich in den Ayurveda hineingeboren wurde (lacht wieder).

ayurveda-portal.de: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Ayurveda in Deutschland und in Indien?

Vilas Nanal: Indien ist das Ursprungsland des Ayurveda. Indien hat eine sehr gut entwickelte Ausbildungsstruktur für Ayurveda. Man kann bis zum Doktorantengrad studieren. Wir haben über 220 Ayurveda-Colleges in Indien. Es gibt eine Universität, die sich voll und ganz dem Ayurveda widmet – die Ayurveda-Universität von Jamnagar, Gujarat. Auch gibt es einige weitere vorgeschlagene Universitäten, die noch hinzukommen. In dieser Hinsicht würde ich sagen, ist Ayurveda ausgesprochen gut etabliert. Auch die Akzeptanz von Ayurveda in der allgemeinen Öffentlichkeit ist gegeben. Es gibt Zahlen, die besagen, dass in größeren Städten bis zu 30% der Bevölkerung ayurvedische Bebhandlungen möchten und in den ländlichen Gegenden sind es sogar bis zu 97% der Bevölkerung. So sieht das hier in Indien aus.

Seit 1996 komme ich als Berater nach Deutschland. Ich erkenne definitiv ein wachsendes Interesse am Ayurveda. Viele Menschen wissen, dass es etwas im Bereich der Alternativ- oder Komplementär-Medizin gibt, dass Ayurveda heißt. Man ist offen für Ayurveda. Was die Ausbildung im Ayurveda betrifft, weiß ich nicht wirklich viel – wie viel Kurse und Ausbildungen zum Beispiel angeboten werden. Mein Gefühl und auch das, was ich von meinen Klienten und Patienten mitbekommen habe, ist, dass man Ayurveda hier mehr als Kosmetik, Wellness und Spa Angelegenheit ansieht. Das ist in meinen Augen nicht richtig. Bei Ayurveda geht es nicht einfach nur um Wellness oder um ein paar Massagen. Es ist ein wissenschaftliches Gesundheitssystem. Es muss also noch viel gemacht werden, damit Ayurveda die richtige Bedeutung erhält.

ayurveda-portal.de: Was sollte Ihrer Meinung nach an der Ausbildung im Westen verbessert werden?

Vilas Nanal: Wenn wir wirklich Ausbildungsreformen bewirken wollen, müssen wir meiner Meinung nach in Indien beginnen. Denn die Menschen, die im Westen unterrichten sollen, müssen wirklich sehr gut mit Wissen ausgerüstet sein.

Zum Beispiel: Zu mir kommt ein Student für Ayurveda im ersten Jahr, der bisher nur Ausbildung in den modernen Wissenschaften wie Physik, Chemie, Biologie und Englisch erhalten hat….er hat keinerlei Wissen über die uralte indische Philosophie oder deren Art zu denken. Dieser müsste im Laufe seiner Schulausbildung hierin unterrichtet werden. Ich denke, es sollte eine zweijährige Einführung bereitgestellt werden, bevor eine Zulassung für einen professionellen Ayurveda-Kurs möglich ist. Dann hätte ich einen Studenten, der befähigt ist, Ayurveda zu studieren und Ayurveda als Karriere zu verfolgen. Und nicht eine Person, die Ayurveda studiert, nur weil sie keine andere Möglichkeit hatte. Das bedeutet, dass wir von einer kompletten Änderung der Denkweise sprechen, eine 180 Grad Wende.

Und wenn dies über einen längeren Zeitraum geschieht, werden wir gute Leute haben, die wirklich an den Ayurveda glauben. Das ist der Tag, für den ich arbeite und auf den ich hoffe.

Was man in Deutschland vermittelt, sind oberflächliche Kurse, den Randbereich des Ayurveda betreffend. Nicht wirklich viel wurde auf die Art und Weise gelehrt, wie es sein sollte. Das ist so mein Gefühl. Man gibt einen fünftägigen Kurs in Synchron-Massage, einen Kurs für Shirodhara und all das ohne wirkliches Verständnis: wofür wird es benötigt, welche Kriterien gibt es für die Auswahl einer bestimmten Prozedur? Was ist die Basis für die Auswahl eines bestimmten Öles, wie lange sollte die Behandlung sein? Es wird ohne eine genaue Vorgehensweise oder Behandlungsmethode angewandt. Diese Methode muss vorher vorgegeben sein. Wir können nicht einfach machen, was wir wollen.

In diesem Sinne sehe ich eine große Bandbreite in dem, was getan werden kann.

Es ist nicht notwendig, Ayurveda zu popularisieren. Dies hat sicherlich irgendwie geholfen. Aber was ist die Wahrnehmung dieser Menschen: irgendeine Massage, eine Art Entspannung. Sie glauben nicht, dass Ayurveda ein wissenschaftliches Gesundheitssystem ist. Dies diente uns, um Bekanntheit zu erlangen. Doch nun limitiert es uns bei dem Fortschreiten hin zu einem anerkannten Gesundheits- und Medizinsystem.

Ein anderer Weg wäre, selbst die Menschen hier in Deutschland auszubilden. Es gibt Pläne dazu, jedoch möchte ich mich hierzu noch nicht äußern.

ayurveda-portal.de: Das führt uns zu unserer nächsten Frage: an welchen anderen Projekten arbeiten oder beteiligen Sie sich zurzeit?

Vilas Nanal: Es gibt einige Projekte, an denen wir in Indien arbeiten.

Seit 1990 arbeite ich an einem Projekt über ischemische Herzkrankheiten. Dabei geht es um systemische Herzkrankheiten, bei denen den Patienten zur Operation geraten wird, diese aber keine Operation machen möchten aus Angst oder aus diversen anderen Gründen wie Kosten, Alter oder psychische bzw. soziale Gründe. Wir behandeln sie und erhalten gute Resultate.

Aber das Problem sind fehlende Zeit- und Geldressourcen für die genaue klinische Dokumentation. Aber auch wiederholte Angiographien zu machen, ist kaum möglich.

Somit bin ich nicht der Lage, etwas Konkretes über die Effekte zu sagen, was genau die ayurvedische Medizin bewirkt: inwieweit sich die Ablagerungen (Plague) auflösen oder ob sich spontan eine parallele Blutzirkulation bildet.

Bis heute habe ich über 600 solcher Fälle.

Ein weiteres Projekt, mit dem wir uns seit 2 Jahren beschäftigen, betrifft degenerative Kniegelenkprobleme. In Indien gibt es eine Vielzahl dieser Probleme aufgrund von Osteoporose und auch aufgrund typischer Körperhaltungen bei uns wie auf der Toilette hocken, auf dem Boden sitzen und knien. Ich habe gerade ein Buch darüber geschrieben.

Das Dritte, womit wir uns auseinandersetzen, ist HIV. Es gibt eine Blutbank mit der wir kooperieren. In Indien ist es obligatorisch, dass die Blutspende auf HIV und Hepatits C untersucht wird. Ist dieser Test positiv, schicken sie uns die Patienten zur Behandlung. Ich habe bereits über 700 Fälle bis heute.

Aber auch hier wieder: Ich kann die Tests, die alle 3 Monate notwendig wären, nicht machen. Auch die Virenuntersuchung alle 6 Monate ist nicht möglich. Aber all dies benötigen wir, um die Behandlung auszuwerten. Aber die Kosten wären viel zu hoch. Wir geben die Medizin auf eigene Kosten oder auf Basis von Spenden. Es gibt über 700 Fälle, aber wenn Sie mich nach konkreten Details fragen – die gibt es nicht, wir konnten sie nicht klinisch dokumentieren aufgrund fehlender Gelder.

Es gibt Patienten, bei denen die Krankheit für 11 oder 12 Jahre nicht zum Ausbruch kommt und das in einem tropischen Land – das ist nicht schlecht. Sie sind zwar noch HIV-positiv, haben aber keine entsprechenden HIV-typischen Symptome. Auch habe ich einige Symptome gefunden, die nicht zum typischen HIV-Komplex gemäß der Schulmedizin gehören.

Ein weiteres Projekt, an dem ich beteiligt bin, ist AyuSoft – eine Software, die auf den alten Schriften des Ayurveda basiert. AyuSoft wurde von C-DAC “Centre for Development of Advanced Computing” (Zentrum zur Entwicklung hoch entwickelter Datenverarbeitung) und besteht aus einem Set von Produkten.

Es wurden 4 Texte des Ayurveda zugrunde gelegt: Charaka Samhita, Sushruta Samhita, Ashtanga Hridaya und Madhava Nidana als Hauptquellen und einige andere Texte als ergänzende Quellen.

Bei AyuSoft ist die Vision, klassische Ayurveda-Texte in umfassende, authentische, intelligente und interaktive Wissensspeicher zu verarbeiten, verbunden mit einem komplexen Analyseprogramm.

Als erstes ist es ein Hilfsmittel zur Diagnose von Krankheiten und unterstützt die Ärzte bei der Diagnose.

Als zweites dient es der Erstellung von Rezepturen nach erfolgter Diagnose. Es handelt sich dabei um ein Patienteninformationssystem.

Zum Dritten ist es eine Enzyklopädie, die über 500 Artikel beinhaltet. Ein Glossar enthält über 1500 technische Worte mit all den positiven Aspekten: Referenzen zu den verschiedensten Kommentatoren für die englischen und Sanskrit Texte. Und es gibt eine themenbezogene Datenbanksuche mit mehr als einer ½ Millionen Einträge. Wenn man etwas sucht, gibt es über 17 Eingabemasken und 272 Parameter. Man kann verschiedenste Anfragen stellen und bekommt eine Antwort. Es ist ein sehr umfangreiches Projekt.

Das Gesundheitsministerium übernimmt jetzt die Bekanntmachung von AyuSoft. Es ist bereits auf dem Markt und kann gekauft werden.

Ich war einer der Koordinatoren. Das Hauptziel ist es, den jungen Menschen Ayurveda leichter zugänglich zu machen. Diese sind heutzutage wesentlich computer-versierter als meine Generation. Es gibt so viele junge Leute die zum Ayurveda zugelassen werden…für die ist es einfach.

Ein Anwendungsbeispiel: Es gibt über 3.000 Symptome. Für einen normalen Arzt ist es nicht möglich all diese Symptome im Kopf zu haben. In der Regel geht er nach dem offensichtlichsten, kann dabei aber leicht etwas übersehen. Mit AyuSoft werden alle möglichen Krankheiten aufgrund der Symptome in Betracht gezogen. Wir glauben, dass es ein sehr gutes Hilfsmittel für fortgeschrittene Studenten bei Beginn ihrer klinischen Ausbildung ist. Und es ist der erste Schritt hin zu Standardisierung des gesamten Materials.

Auch hier im Westen könnte diese Software genutzt werden. Jedoch benötigt man ein tiefes Verständnis von Ayurveda, da nur technische Sanskrit Begriffe verwendet werden. Und natürlich müssen die Nutzer zunächst in diese Software eingeführt und trainiert werden.

Eine weitere Software, die wir entwickelt haben, befasst sich mit Marmas. Eine viel beachtete Thematik heutzutage – die Vitalpunkte am Körper. Was passiert, wenn diese verletzt oder beeinträchtigt sind. Diese Software zeigt nicht nur die Lokalisierung der verschiedenen Punkte sondern auch deren Klassifizierung, die Effekte, die Komplikationen und deren Behandlung inklusive eines kleinen Glossars.

Und wir arbeiten auch an der Pulsdiagnose – Stichwort Nadi. Es ist ein hoch komplexes Fachgebiet mit viel Interpretationsmöglichkeit. Wir würden es, wenn möglich, gerne in ein logischeres und verständlicheres Diagnosesystem umwandeln.

Es wurde ein Apparat entwickelt, der den Puls lesen kann – in Puna ist es bereits ein Teil der Intensivmedizin.

Zurzeit sind wir 4 Ärzte, die den Patienten als erstes untersuchen. Jeder zeichnet seine Resultate auf und erst dann wird der Patient an den Apparat angeschlossen. Alles wird gegenseitig geprüft.. Diese Untersuchung machen wir 3 bis 4-Mal am Tag – auf leeren Magen, nach dem Frühstück, nach dem Mittagessen…Wir sind noch in der Anfangsphase, haben erst vor 2 Monaten angefangen. Ich kann mir vorstellen, dass wir in 2 Jahren mehr wissen.

ayurveda-portal.de: Sie kannibalisieren in gewisser Weise Ihre eigene Arbeit…?

Vilas Nanal: Nein, nicht wirklich. Es ist sehr schwierig, jemanden zu finden, der ausschließlich über das Nadi-System, also den Puls, diagnostiziert. Wir möchten dies Wissen bewahren. Es ist unser nationales wissenschaftliches Erbe. Und wenn wir selbst es nicht tun, wird es jemand anderes machen, zum Beispiel jemand aus Japan…da ist es besser, dass wir es tun! (Lacht)

ayurveda-portal.de: Glauben Sie, dass die alten ayurvedischen Texte so angewandt werden können, wie sie sind?

Vilas Nanal: Ja, sie können genauso angewandt werden. Ich tue es jeden Tag in meinem Unterricht. Ich verwende ausschließlich die Charaka Samhita und keine Übersetzungen. Nur die Charaka Samhita und einer der Kommentatoren, von den der bekannteste ‚Chakrapani’ ist.

Auch in der Praxis kann ich sie direkt anwenden, es Bedarf nur geringer Veränderung in wenigen Fällen.

Studiere das Sutra (den Vers) und mache diesen verständlich und interessant für die Zuhörerschaft. Der Vers bleibt derselbe. Der Inhalt bleibt derselbe. Nur die Art der Wiedergabe macht es entweder interessant oder langweilig.

Meiner Meinung nach kann man jeden der alten Texte anwenden. Nimm ihn mit in den Unterricht und verwende diesen in der Praxis.

Wenn ich manchmal ein Probleme habe und das Gefühl, ich mache bei einem bestimmten Patienten keinen Fortschritt – dann schaue ich in die Charaka und finde in der Regel die Antwort dort.

Ich glaube, dass gerade aufgrund ihres unglaublichen Potentials, diese alten Texte gegen alle Widrigkeiten immer noch bestehen. Andernfalls wären sie schon verloren. Die Struktur der Worte ist so wunderbar, so organisiert. Man kann nirgendwo etwas finden, was keinen Sinn macht…die Texte sind absolut logisch. Und es gibt keinen Raum für Gefühle.

Das ist die Situation, so wird diagnostiziert, es gibt Symptome und das ist zu tun, um es zu korrigieren.

In der Charaka wird über Behandlungen von Krankheiten geschrieben, die aus damaliger Sicht heilbar waren. Es wird nicht über unheilbare Krankheiten geschrieben.

Wenn ich eine bestimmte Krankheit nicht in der charaka samhita erwähnt finde, entmutigt mich das aber nicht. Charaka hat alle zu seiner Zeit relevanten Krankheiten berücksichtigt und er hat Anweisungen mitgegeben, wie man ein Krankheit studiert, die in seiner Zeit noch nicht bekannt war. Er gibt den Weg vor und wenn man dem folgt, kann man jeden Fall diagnostizieren. Er schreibt darüber, wie man eine neue Substanz, die möglicherweise erst später zur Verfügung stehen würde, untersucht und studiert. Er hat also bewusst Vorkehrungen getroffen und nichts im Unklaren gelassen.

Man kann also jede Pflanze nehmen und den Anweisungen im Text folgen, um sie genau zu studieren. Das haben wir beispielsweise schon mit Tomaten, Blumenkohl oder Käse getan. Diese sind im Text nirgends erwähnt, trotzdem werden sie gegessen. Wir empfehlen diese zu essen oder auch eher nicht auf Basis des Wissens, dass ich von Charaka erhalten habe. Es ist total logisch. Auch in den nächsten 10.000 Jahren wird es noch logisch sein – wenn die Menschheit dann noch da ist, um es zu nutzen (lacht).

ayurveda-portal.de: Sie sind ein bekannter Ayurveda-Arzt und Sie haben einen sehr traditionsreichen Hintergrund. Haben Sie noch einen Lehrer oder Guru?

Vilas Nanal: Zum heutigen Zeitpunkt nicht. Aus meiner Studienzeit hatte ich einige Lehrer. Mein erster Lehrer war natürlich mein Vater.

Mein Großvater verstarb, bevor ich geboren wurde. Er muss ein großartiger Mann gewesen sein. Mit all dem, was er während seines kurzen Lebens geleistet hat. Es ist bewundernswert. Er war der Erste, der realisierte, dass es absolut notwendig ist, die Ayurveda Ausbildung zu institutionalisieren, da es auf traditionellem Wege nicht mehr in dem Maße möglich war. Es gab eine Limitierung. Selbst wenn man mit einem Guru oder Lehrer lernen wollte, wurde man möglicherweise nicht akzeptiert. Es gibt hunderte von Studenten jedes Jahr, die Interesse haben. Um dieser Anzahl an Studenten gerecht zu werden, musste man die Ausbildung institutionalisieren.

Er gründete ein Ausbildungs-Institut und gleichzeitig ein Krankenhaus für die Ausbildung, und eine Pharmazie, um die Menschen zu unterrichten. Anschließend etablierte er noch ein Gymnasium und wurde der Rektor. Alles in nur 52 Jahren.

Mein Vater arbeitete mit Mineralien, Metallen und er praktizierte mit Einzel-Präparaten. Das ist noch immer unser Spezialgebiet – das Arbeiten mit Monopräparaten, einzelnen Kräutern. Das ist unsere Tradition. Niemand sonst macht das so grundsätzlich. Man will ungern einen Fehler begehen. Ich glaube, dass die Verwendung von Zusammensetzungen und Mischungenpräparten aus einer Unsicherheit heraus entsteht.

Als ich nach Deutschland kam, habe ich angefangen, mit 20 Kräutern zu unterrichten.

ayurveda-portal.de: Geben Sie Konsultationen hier in Deutschland?

Vilas Nanal: Ja, es gibt drei Orte, wo ich Konsultationen gebe:

Ich arbeite mit Andreas Posur in Ingolstadt. Er ist Heilpraktiker und hat eine eigene Naturheilpraxis mit Panchakarma-Zentrum. Er ist sehr gut ausgebildet und kann seine Patienten gut versorgen. Er ist inzwischen selbst Lehrer für Ayurveda.

Außerdem arbeite ich in München und in Garmisch-Partenkirchen zusammen mit dem Heilpraktiker Dieter Scherer.

Er führt eine Heilpraxis für traditionelle Ayurveda und ist mehrfacher Ayurveda-Buchautor.

Man kann die beiden gerne kontaktieren. In der Regel komme ich zweimal im Jahr.

Sobald es Patienten gibt, die der Meinung sind, dass ich sie konsultieren sollte, mache ich das. Ich schreibe dann in der Regel ein Rezept für einzelne Kräuter, über die ich gesprochen habe und mache einen Plan für eine Pancha Karma Therapie oder eine andere nachfolgende Therapie.

ayurveda-portal.de: Sie haben eine eigene Klinik in Puna?

Vilas Nanal: Ja, es kommen hauptsächlich Inder aus dem ganzen Land zu mir. Manchmal behandeln wir auch Leute aus dem Westen, aber eher selten.

Ich stelle meine eigene Medizin her, ich habe ein Pancha Karma Zentrum und die Ayurveda Stiftung. Es ist ein komplettes Zentrum. Mein Sohn hilft mit und auch meine Schwiegertochter, die ebenfalls Ayurveda Ärztin ist, unterstützt mich. Wir haben auch begonnen einige Ayurveda-Produkte herzustellen: nächstes Jahr zum Beispiel bringen wir ein Gel für Haare und Körper auf den Markt. Es ist speziell für Frauen, die ein Problem mit der Körperelastizität haben, wie beispielsweise schlaffe Oberschenkel, Busen oder Bauch.

Auch entwickeln wir ayurvedische Weine und Spirituosen und Zigaretten ohne Tabak, reine Kräuterzigaretten.

ayurveda-portal.de: Noch ein frage in eigener Sache: Wie finden Sie unser Portal – www.ayurveda-portal.de?

Vilas Nanal: Ich halte sehr viel davon. Es ist eine sehr gute Idee, eine tolle Leistung und es sollte weiter geführt werden. Ich denke, dass es notwendig ist, auch mit englischen Informationen zu starten, so dass es auch Leute wie uns zugänglich ist. Wenn Sie die englische Sprache integrieren, wird das Portal global im wahrsten Sinne des Wortes.

Ayurveda ist dabei, global zu werden. Es ist nicht mehr aufzuhalten. Es ist definitiv an der Zeit zusammenzuarbeiten, persönliche Egos beiseite zu lassen und gemeinsam für den Ayurveda zu handeln. Der Ayurveda verdient es, keine Alternative sondern eine generelle Medizin zu sein. Ayurveda hat dieses Potential.

ayurveda-portal.de: Möchten Sie unseren Besuchern noch eine Empfehlung oder einen Rat mit geben auf ihrem Weg mit Ayurveda?

Vilas Nanal: Ich würde sie bitten, mehr zu studieren …(lacht). Nein, wirklich! Was Sie soweit studiert haben ist gut, aber versuchen Sie es zu verbessern und versuchen Sie dieses, in Ihre Ayurveda-Praxis mit aufzunehmen.

Wenn Sie kein Arzt oder Therapeut sind, nehmen Sie es mit in Ihr Leben auf, in Ihre Familie zum Beispiel, so dass Sie ein besserer Mensch werden. Sie sollten keine Angst haben, sich selbst im Spiegel zu betrachten.

Studieren Sie Ayurveda und praktizieren Sie es. Es ist eine Ausbildung, die nie endet. Sie können nur besser werden. Sobald Sie keinen Fortschritt machen, stagnieren Sie.

Wenn jemand das Gefühl hat, ich kann auf irgendeine Weise helfen, bin ich gerne da. Sie können mich ohne Probleme per e-mail erreichen.

ayurveda-portal.de: Das ist ein tolles Angebot! Vielen Dank hierfür und vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview mit uns.

 

Dieses Interview können Sie auch als englischen Originaltext lesen/ please read in English

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Vaidya Vilas M. Nanal

Er gehört zur dritten Generation der gelebten Nanal Tradition und wurde in eine Familie von Denkern, Praktizierenden und Wissenschaftlern hineingeboren. Seit fast einem Jahrhundert führt er diese Tradition fort.

Er studierte Ayurveda in bombay und Puna. Heute lehrt er sowohl Studierende als auch Doktoranden des Ayurveda.

Vilas Nanal ist der Gründungspräsident der Vaidya M.P.Nanal Ayurveda Stiftung in Puna, die sich mit der Verbreitung des Ayurveda beschäftigt in Bezug auf Ausbildung, Organisieren von Seminaren, Vorlesungen und Veröffentlichungen.

Seit einem Jahrzehnt bereist er Europa, um das ayurvedische Wissen den Menschen näher zu bringen.

Er hat bisher Bücher in Marathi, Hindi, Englisch und Italienisch veröffentlicht.

 


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