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Interview mit Dr. Subhash Ranade

Interview mit Dr. Subhash Ranade

10.12.2006 |  "Ayurveda liegt mir im Blut." Dr. Subash Ranade ist Ayurveda-Arzt und ehemaliger Professor an der Ayurveda-Universität, Puna. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Wissenschaft des Ayurveda überall auf der Welt zu verbreiten. Gemeinsam mit seiner Frau bereist er viele Länder, so unter anderem Australien, USA und Canada. In Deutschland lehrt er mehrmals im Jahr an der Seva-Akademie in München.

Das folgende Interview können Sie auch original in Englisch lesen.


ayurveda-portal.de: Wie sind Sie zu Ayurveda gekommen?

Dr. Ranade: Schon seit meiner Kindheit habe ich in meiner Geburtsstadt Poona viele ayurvedische Ärzte bei ihrer Arbeit erlebt. Irgendwie hat mich diese Arbeit sehr angezogen. Dennoch schrieb ich mich in ein College für westlicher Medizin sein, sagte meinen Eltern aber, dass ich diese Art der medizinischen Ausbildung nicht wolle. Zu dieser Zeit dachten sie, ich sei wahrscheinlich verrückt, denn es war üblich westliche Medizin zu studieren. Ich entschied mich also für die ayurvedische Medizin. Seit dem habe ich es nie bereut: ich glaube, Ayurveda liegt mir im Blut.

Ich bin freiwillig zu Ayurveda gekommen, und es ist ein überwältigend großes Fachgebiet. Je mehr man lernt, um so mehr weiß man, wie viel es noch zu lernen gibt.

Seit ich angefangen habe, in viele verschiedene Länder zu reisen, habe ich Bücher in 10 verschiedenen Sprachen veröffentlicht, beispielsweise in Deutsch, Japanisch, Italienisch, Spanisch und Portugiesisch.

Meine Frau Dr. Sunanda reist ebenfalls mit mir. Sie ist Gynäkologin und Kinderärztin und gibt Unterricht in Ernährung und ayurvedisches Kochen. Sie hat auch Bücher darüber geschrieben.

Es ist unser Lebensmotor, diese Wissenschaft überall auf der Welt zu verbreiten und wir tun dies seit fast 25 Jahren.


ayurveda-portal.de: Können Sie uns mehr über Ihre Arbeit erzählen?

Dr. Ranade: Fast 25 Jahre komme ich nach Deutschland. Ich bin Präsident der „International Academy of Ayurveda" in Poona. Wir haben Ayurveda-Zentren überall auf der Welt, zum Beispiel in Australien und Neuseeland. Meine Frau und ich reisen jedes Jahr über 100.000 Meilen, um all diese Zentren zu besuchen. Wir haben in fast allen Europäischen Ländern Zentren, auch in den USA. In Südamerika haben wir jetzt begonnen: in Brasilien, Chile und Argentinien. Auch in Toronto, Kanada sind wir vertreten. Nennen Sie ein Land - wir sind wahrscheinlich dort. Ich bin wirklich sehr glücklich, dass Ayurveda in den letzten 25 Jahren weltweit so an Aufmerksamkeit zugenommen hat. All unsere Zentren boomen. Immer mehr Menschen kommen zu Ayurveda.

In Deutschland waren es ursprünglich Chiropraktiker, Heilpraktiker und Physiotherapeuten, die an Ayurveda Interesse hatten. Heute nehmen auch Mediziner an unseren Kursen teil. Wir haben Studenten aus allen medizinischen Fachrichtungen in unseren Kursen - Kardiologen, Orthopäden und Psychiater. Auch haben wir mit der Behandlung von Patienten begonnen, indem wir in verschiedenen Ländern Praxen eröffnet haben. Obwohl es einige rechtliche Restriktionen gibt, denn Ayurveda ist gesetzlich noch nicht in allen Ländern anerkannt, haben wir sehr gute Beziehungen zu unseren Patienten. Sobald sie Vertrauen zu Dir, dem Arzt, gefasst haben, gibt es kein Problem. Es läuft wirklich gut. Besonders in den Vereinigten Staaten. Dr. David Frawley - Sie kennen ihn - und ich sind sehr gute Freunde und wir begannen schon 1993 zusammenzuarbeiten. Seitdem gibt es in den USA bereits über 10 Institute, die ein ayurvedisches Ausbildungsprogramm anbieten. Wir bieten sogenannte Module an. Ein Modul besteht aus einem Wochenendseminar von Freitag bis Sonntag, einmal im Monat. In den USA werden 10 Module innerhalb eines Jahres gelehrt. Im Sommer und an Weihnachten ist Pause. Anschließend machen die Studenten Praktika, während derer sie Ayurveda direkt am Patienten praktizieren. So lernen sie Panchakarma zu verstehen, direkt Hand an den Patienten zu legen, verschiedene ayurvedische Konzepte zu erkennen und sie beginnen den Patienten tatsächlich zu behandeln.

Das Basisprogramm umfasst 18 Monate und erzielt sehr gute Ergebnisse in den USA.

Je nach den Bedürfnissen der Menschen in den verschiedenen Ländern passen wir diese Module entsprechend an. In einigen Ländern sind es 10 Module, in anderen wiederum 6 oder 8 Module.

Mediziner zu unterrichten ist weniger aufwendig - sie kennen bereits die Anatomie, Physiologie und all das. Andere, nicht medizinisch vorgebildete Personen benötigen ein wenig mehr Unterricht, da wir zunächst die Basis lehren.

 

ayurveda-portal.de: In Deutschland arbeiten Sie zum Beispiel mit der SEVA-Akademie zusammen. Was beiten Sie dort an?

Dr. Ranade: Ich arbeite mit der Seva-Akademie seit über 15 Jahren zusammen, gemeinsam mit Dr. Rai. Zu Beginn starteten wir mit Einführungskursen zu Ayurveda. Heute stellen wir fest, dass es wahrscheinlich schon zu einer Art Sättigung von Ayurveda-Grundkursen gekommen ist. Das passiert eigentlich in jedem Land. Letztes Jahr habe ich der Seva-Akademie dann vorgeschlagen, ein Fortgeschrittenen-Programm zu initiieren. Es gibt inzwischen viele Studenten, die Basis-Wissen haben und an weiterführendem Wissen interessiert sind.

 

ayurveda-portal.de: Glauben Sie, dass Ayurveda überall auf der Welt anwendbar ist und sich das Wissen übertragen läßt?

Dr. Ranade: Ja, überall, auf jeden Fall. Wenn es das Konzept einer rein indischen Wissenschaft wäre, würde es den Menschen im Westen nichts nützen. Aber so ist es eben nicht. Sobald man die Grundprinzipien verstanden hat, kann man diese bei jedem überall auf der Welt anwenden. Ich praktiziere Ayurveda seit 25 Jahren und mich konsultieren Patienten von Australien bis Kanada. Meine Erfahrung ist, dass sobald man das Wissen der ayurvedischen Grundprinzipien verinnerlicht hat, diese auf jedes Land, für jede Rasse und jede Religion übertragen kann. Ja, das ist gar kein Problem.

 

ayurveda-portal.de: Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Ayurveda im Westen?

Dr. Ranade: Ayurveda hat sich sehr gut entwickelt. Dennoch gibt es auch gewisse Schwierigkeiten und solange diese nicht überwunden werden, kommen wir nicht weiter.

Im Yoga beispielsweise ist es so, dass Sie nur eine einfache Matratze benötigen, um direkt mit dem Üben anfangen zu können.

Für Ayurveda benötigen Sie in jedem Fall die dazugehörigen Heilmittel, die reine Philosophie reicht nicht aus.

Diese Heilmittel in die verschiedenen Länder zu importieren, ist das Problem, welches wir auf ordnungsgemäßem Wege zu lösen haben - ich meine damit kein Schmuggeln der Heilmittel.

Sobald wir das gelöst haben, gibt es keine Probleme mehr.

Zurzeit gibt es in verschiedenen Ländern keine festgesetzten Regeln über die Einfuhr von ayurvedischen Heilmitteln. Es muss also jemand diese Regeln und Regularien formulieren. Dann können die Kräuter und medizinischen Präparate in diese Länder eingeführt werden.

Aber wir werden diese Situation sehr bald geklärt haben.


ayurveda-portal.de: Welches Potential hat Ayurveda Ihrer Meinung nach im Westen?

Dr. Ranade: Ein Riesiges! Warum das? Zunächst einmal müssen wir dem Yoga danken, denn Yoga ist inzwischen weit verbreitet. Die Menschen, die Yoga machen, wenden sich auch dem Ayurveda zu. Im Yoga gibt es nicht sehr viele Möglichkeiten, Krankheiten zu behandeln. Es ist sehr gut geeignet für gesunde Menschen, für therapeutische Zwecke ist es jedoch limitiert. Ohne die Unterstützung von Ayurveda ist Yoga daher nie vollständig. Die Mehrheit der Menschen, die sich mit Yoga auseinandersetzen, kennen die indische Kultur. Sie sind Vegetarier und sie wissen um einen sattvischen Lebensstil. Ganz natürlich beginnen sie, sich auch mit Ayurveda zu beschäftigen. Das ist die größte Unterstützung für den Ayurveda. Das erste Dankeschön geht also an den Yoga.

Das zweite Dankeschön geht an die schulmedizinische Behandlung: Jeder, überall auf der Welt weiß, dass die schulmedizinischen Medikamente viele Nebenwirkungen haben - daher wenden sich die Menschen dem Ayurveda zu (lacht).


ayurveda-portal.de: Kann man Konsultationen bei Ihnen hier in Deutschland erhalten?

Dr. Ranade: Ja, sehr oft. Ich habe meine private Praxis in Frankfurt, im Sandweg 53. Ich arbeite dort mit Professor Dipl.-Psych. Norbert Lotz zusammen. Er ist Psychologe und es ist seine Praxis. Ungefähr 5 x pro Jahr komme ich nach Frankfurt und München. Von dort reise ich dann auch nach Österreich und in die Schweiz. Seit über 5 Jahren gibt meine Frau Unterricht in ayurvedischer Babymassage und anderen Massagen in einer großen Massageschule in Österreich (http://www.bergler.at/)


ayurveda-portal.de: Gibt es noch etwas, dass Sie unseren Besuchern bezüglich Ayurveda mitgeben möchten?

Dr. Ranade: Ja, etwas ganz Einfaches: diejenigen, die wirklich daran interessiert sind, gesund zu sein, müssen verstehen, wie sie ihren Lebensstil ändern müssen, um gesund zu werden.

Wissen Sie, Ayurveda ist nicht nur ein Heilmittel, Ayurveda ist eigentlich die Wissenschaft vom Leben. Um den eigenen Lebensstil zu ändern, braucht es natürlich Mut. Ich weiß! Es ist nicht einfach für die Menschen im Westen, sich plötzlich zu ändern, aber ganz langsam, wenn sie ihr Verhalten allmählich anpassen, können sie in den richtigen Lebensrhythmus kommen und gesund sein. Das ist meine Botschaft. (lacht).

ayurveda-portal.de: Vielen Dank für dieses Interview.

 

 

Dr. Subash Ranade, M.A.Sc., Ph.D. ist Präsident der Internationalen Ayurveda-Akademie Puna, früher Professor und Lehrstuhlinhaber der Ayurveda-Universität Puna und Direktor des Ashtang Ayurveda-College Puna. Er ist Verfasser von mehr als 90 Ayurveda- und Yoga-Fachbüchern , von denen einige in sieben Sprachen erschienen sind. Er bereist als Ayurveda-Dozent regelmäßig mehrere europäische Länder, die USA, Canada, Australien und auch Japan.

 

Von Dr. Ranade in deutsch erschienene Bücher:

„Ayurveda" , von Subhash Ranade, Christian Hosius, und Jürgen Heckmann,

Verlag: Urban & Fischer Bei Elsevier

Gebundene Ausgabe, April 2004

„Ayurveda - Wesen und Methodik" , von Subhash Ranade

Verlag: Haug

Broschiert, Juni 2004

 


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