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Mein Tageszyklus

06.12.2002 | Von Petra Skibbe"Wie bei den Jahreszeiten so steigen auch zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha auf natürliche Weise an, erreichen ihren Höhepunkt und nehmen wieder ab." Sushruta Samhita, Sutrasthana 6.16Zeit ist etwas Zyklisches. Ein Rad oder besser eine Welle, die sich hebt und senkt, vom Morgen über den Mittag bis zum Abend und über die Nacht zum nächsten Morgen. Vom Frühling über den Sommer bis zum Herbst und über den Winter zum nächsten Frühling. Von der Jugend über das Erwachsensein bis zum Alter und über den Tod zur nächsten Jugend. Samsara nennt der Ayurveda dies, das Leben als Kreislauf der Tage, Monate, Jahreszeiten und Leben...

Sonne und Mond sind die Rhythmusgeber der Zeit. Der Mond kontrolliert die Monate und unsere Monatsblutung, die Sonne beeinflusst den Rhythmus der Jahreszeiten, das Kommen und Gehen von Sommer und Winter, aber auch von Tag und Nacht. Sonne und Mond lösen unzählige biorhythmische Veränderungen in uns aus. Die Phase von Ruhe und Aufbau am Morgen (Kapha) geht über in die Mittagszeit mit ihrer Energie und Aktivität (Pitta) und wechselt zum Abend, die Zeit des Ausklingens (Vata). Mit der Dämmerung beginnt die Regenerationsphase des Abends (Kapha). Gegen Mitternacht wechselt sie über in eine erneute Aktivitätsphase (Pitta), die mit der Leichtigkeit des frühen Morgens (Vata) endet. Leben wir harmonisch, d. h. im Einklang mit unserer inneren und äußeren Uhr, fördern wir unsere Ausgeglichenheit, Gesundheit und Schönheit. Koppeln wir uns z. B. durch Schichtarbeit, großzügiges Nachtleben u. Ä. von unseren inneren und äußeren Zeitgebern ab, dann kommen wir aus dem Lebenstakt und haben große Schwierigkeiten mit der Synchronisation unserer inneren Uhr. Krankheiten, psychische Beschwerden und ein schlechter Allgemeinzustand können die Folge sein. Besser, wir leben und fühlen mit unseren natürlichen Dosha-Rhythmen.

Tagein, tagaus
Christiane ist eine wohl proportionierte, kraftvolle wie gütige Dame Anfang fünfzig. Sie ist eine Kapha-Frau. Schon seit einiger Zeit beschäftigt sie sich begeistert mit dem Ayurveda. Besonders faszinierend findet sie den Umgang des Ayurveda mit Tag und Nacht und versucht, diese Prinzipien auch in ihr Leben einzubauen. Obwohl es ihr als Kapha-Frau immer etwas schwer fällt, morgens in die Gänge zu kommen, steht Christiane doch - wenn möglich - vor sechs Uhr auf. Und tatsächlich, in der Vata-Zeit frühmorgens, von zwei bis sechs Uhr, lässt sich*s viel leichter aufstehen.

Eine kurze dynamische Gymnastik am Morgen, zwischen sechs und zehn Uhr, bringt Christiane auch ohne Kaffee in Schwung. Während ihre Pitta- und Vata-Freundinnen nicht ohne ein gehaltvolles Frühstück auskommen, genügen ihr etwas Obst oder Saft mit einigen anregenden Gewürzen wie Ingwerpulver oder Zimt. Oder sie verzichtet ganz darauf, um die gewisse Schwere, die gerade sie in der Kapha-Zeit des Morgens und Vormittags von sechs bis zehn Uhr spürt, gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Mittags, von zehn bis vierzehn Uhr, profitiert Christiane von der Pitta-Energie. Alles, was sie erledigen möchte, macht sie am besten jetzt - anders als ihre Pitta- und Vata-Bekannten, die dafür lieber den ruhigeren Vormittag vorziehen. Doch Christiane fühlt sich wohl, wenn es um sie herum rege zugeht. Mittags, am besten um zwölf Uhr, ist auch die beste Zeit für ihre Hauptmahlzeit.

Da trifft Christiane immer in der Kantine oder ihrer Lieblingspizzeria ihre Vata- und Pitta-Freundinnen, für die das Mittagessen ja noch wichtiger als das Frühstück ist. Ohne regelmäßige Mahlzeiten wird Vanessa (Vata) bald müde und unkonzentriert, Pia (Pitta) dagegen schnell ungeduldig und ungemütlich.

Nachmittags, zwischen vierzehn und achtzehn Uhr, kommen Christianes Körper und Geist so richtig in Fahrt - außer sie hat zu viel oder zu schwer gegessen. Während es in dieser Zeit ihrer Pitta-Freundin ebenso gut geht wie ihr, wirkt ihre Vata-Freundin doch immer leicht abgespannt und zieht sich nun lieber zurück.

Am Abend, von achtzehn bis zweiundzwanzig Uhr, kehrt Ruhe ein - in der Natur wie in Christiane. Ihr genügt ein kleines, leichtes Abendessen wie auch ihren beiden Freundinnen. Joghurt und rohes Obst bringen alle drei zu dieser Zeit nicht mehr auf den Tisch, da dies ihre Verdauung zu sehr belastet und Ama hervorruft. Seitdem Christiane und ihre Freundinnen ihre Hauptmahlzeit auf mittags gelegt haben und auf Zwischenmahlzeiten verzichten, geht es ihnen allen dreien besser. Auch mit dem Gewicht haben sie nun kaum mehr Probleme. Gerne geht Christiane auch vor zweiundzwanzig Uhr ins Bett, etwas, was ihren Freundinnen auch gut tun würde. Nach zweiundzwanzig Uhr, wenn Pitta wieder dominiert, schlafen sie alle nicht mehr so gut und tief.

Gegen Mitternacht, genauer gesagt von zweiundzwanzig Uhr bis zwei Uhr, hat Pitta das Zepter des Biorhythmus übernommen. Nun produziert Christianes Stoffwechsel Wärme für den Schlaf, auch die geistige Verdauung, die Verarbeitung der Tageseindrücke, beginnt. Nicht umsonst sagt Christiane immer, der beste Schlaf sei der vor Mitternacht.

Frühmorgens, zwischen zwei und sechs Uhr, ist Vata rege. Dies ist die Zeit der intensiven Träume, an die sich Christiane immer gerne erinnert. Allmählich bereitet sich der Körper wieder auf das Aufstehen vor und aktiviert die Ausscheidungsorgane. Für Christianes Freundinnen ist dies die beste Phase zum Meditieren und sich innerlich zu sammeln - bevor die Tagesaktivitäten beginnen. Christiane allerdings nimmt sich dafür lieber erst nach ihrer Morgengymnastik Zeit. Dann kann sie mit ihren beiden Freundinnen den Tag erfrischt, belebt und konzentriert beginnen.

Auszug aus "Ayurveda-Handbuch für Frauen.Typgerecht essen, rundum wohl fühlen" von Petra Skibbe mit freundlicher Genehmigung des pala-Verlag, Darmstadt 2002, pala-Verlag


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