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Ayurvedische Therapieansätze der Hepatitiden

08.02.2003 | von Dr.med. Govin Dandekar Die Krankheitsbilder der Hepatitis in der modernen Medizin und in der ayurvedischen Medizin stimmen in vielen Einzelheiten überein. Deswegen sind die Therapieansätze des Ayurveda sehr gut als Ergänzung oder als Alternative zu gebrauchen. Der grundsätzliche Unterschied besteht darin, daß die moderne Therapie krankheitsorientiert und die ayurvedische Therapie krankenorientiert ist. Wir wollen diesen Unterschied noch näher betrachten.

Die schulmedizinische Therapie orientiert sich an der Krankheit. Deswegen kann man allen Hepatitispatienten die gleiche Standardtherapie verabreichen.
Für die ayurvedische Medizin ist jeder Patient ein Einzelfall und ein spezieller Fall. Eine Standardtherapie ist deswegen nicht möglich. Die Grundtherapie der Hepatitis wird ausgerichtet nach den Merkmalen des Kranken. Die Konstitution des Patienten - d.h. seine spezielle Reaktionslage - seine Verdauungskraft, seine Herkunft, seine Gewohnheiten, seine psychische Verfassung, seine Umwelt, sein soziales Umfeld, seine Fähigkeiten, die ärztlichen Verordnungen zu befolgen, seine Krankheitseinsicht, all dies muß bei der Therapie berücksichtigt werden.

Besonders die Konstitution oder Prakriti ist für die ayurvedische Therapie sehr wichtig. Sie ist die angeborene Natur des Menschen. Der Mensch ist nicht nach einer DIN-Norm geschaffen. Die Menschen haben die verschiedensten Neigungen; manche mögen es heiss, andere kalt, manche essen lieber Süsses, manche eher Saures. Einige sind gross, andere klein, einige dünn andere dick, kurz: die Menschen sind sehr verschieden und sie reagieren auch verschieden. Die Basis der Typenlehre oder Konstitution bilden die drei Bioenergien. Die Prakriti ist nie ein Werturteil!

Die einfache Stellung der Diagnose „Hepatitis B oder C" reicht für die ayurvedische Therapie nicht aus. Das ist zugleich die Stärke und die Schwäche dieser Therapie. Stärke deswegen, weil man individuell therapiert und dadurch optimale Resultate erzielt. Der Prozentsatz der Patienten, die auf eine Therapie ansprechen, lässt sich dadurch steigern. Die unerwünschten Nebenwirkungen lassen sich senken, die erwünschten Wirkungen werden vermehrt.
Eine gewisse Schwäche der ayurvedischen Therapie liegt eben darin, dass eine Standardisierung nicht möglich ist; Erfolg oder Misserfolg können deshalb nur mit aufwendigeren statistischen Methoden in klinischen Studien untersucht werden (zum Beispiel matched pair analysis; s. Glossar). Die zweite Schwierigkeit liegt in dem Ganzheitsansatz der Therapie.
Die Schulmedizin versucht oft, nur punktuell an einer bestimmten Stelle des Krankheitsgeschehens anzusetzen. Solche zwar gezielten, aber eben leider nur einzelne Aspekte betreffende Ansätze im Falle der Hepatitis C sind Nukleosidanaloga oder Interferone, mit denen man den Virus töten möchte. Wie das zugeführte Interferon oder Nukleosidanalogon darüber hinaus auf das Immunsystem oder den ganzen Patienten letztlich wirkt, etwa einschliesslich Gegenregulation und anderer Immunmodulationen ist noch näher zu erforschen und wird zur Zeit bei der Wirkung nicht näher betrachtet, allenfalls als schädliche Nebenwirkung bekämpft.
Die ayurvedische Therapie wird nicht nur versuchen, den Virus zu töten, oder einen einzelnen Botenstoff von aussen zuzuführen, sondern es gilt, die Störung in der Körperharmonie zu beseitigen. Nicht das Symptom soll beseitigt oder der Krankheitsverlauf unterbrochen werden, sondern der ganze Mensch, sein Körper und seine Psyche sollen wieder hergestellt werden. Auch das Immunsystem soll von innen her geheilt werden und selbst die richtigen (und überaus zahlreichen, denn auch hier liegt ein ganzes Netz von Faktoren vor) Botenstoffe bereitstellen.
Die naturheilkundliche Betrachtung deutet Krankheit als den Versuch der Natur, uns auf eine Körperstörung aufmerksam zu machen. Krankheit und Schmerz zwingen uns, unserem Körper Aufmerksamkeit zu schenken. Natürlich dürfen und sollen wir den Schmerz bekämpfen; aber damit dürfen wir uns auf keinen Fall zufriedengeben: Unser Ziel soll es sein, die tieferliegenden Störungen zu erkennen und zu beseitigen.
Schulmedizin und Ayurveda, beide betrachten das Leben als einen dynamischen Prozess. Keine Sekunde stehen die Lebensprozesse still. Unzählige Regelkreise sorgen für den reibungslosen Ablauf der Körperprozesse. Der Mensch als Ganzes aber ist in ständiger Wechselbeziehung zu seiner Umwelt. Die Umwelt beeinflusst den Menschen und der Mensch beeinflusst die Umwelt. Für die Schulmedizin sind diese Umwelteinflüsse nicht so wichtig wie für Ayurveda. Die Schulmedizin akzeptiert sie zwar, aber nur selten werden sie mit in die Therapie einbezogen. In der therapeutischen Fachliteratur über die Hepatitiden findet man nur sehr wenig über die Lebensweise, die Diät, Psychohygiene, Hygiene etc. Auch die Psychotherapie als begleitende Therapie wird noch viel zu wenig beachtet. Dabei spielt gerade dieser Faktor - Psychotherapie, aber auch jede echte emotionale Zuwendung - eine nicht zu unterschätzende Rolle bei jeder Krankheit.
Wir haben schon gesehen, dass nicht jeder, der mit dem Hepatitisvirus in Berührung kommt, auch automatisch krank wird. Man muss daher annehmen, dass die Krankheit das Endresultat der Interaktion zwischen Virus und Patient ist. Wenn die Möglichkeit besteht, den Virus selbst unschädlich zu machen, sollte man diese nutzen. Der zweite Weg, die Krankheit zu heilen, wäre der, die Abwehrkraft des Patienten zu stärken.
Was ist nun die Abwehrkraft des Körpers? Wir wissen aus Gartenbau und Landwirtschaft, dass eine gesunde Pflanze viel besser einer Pilzerkrankung oder anderen Krankheitserregern widerstehen kann als eine kränkelnde Pflanze. Jede gesunde Zelle, sei es eine pflanzliche oder eine tierische, kann sich gegen eine Krankheit zur Wehr setzen. Auch eine gesunde Leberzelle kann sich gegen den Virus wehren. Wenn die Zellen unseres Immunsystems gesund sind, können sie einen Angreifer vernichten. Das Wort „gesund" meint hier nicht nur das äusserliche lntaktsein der Zelle, sondern ein regelrechtes Funktionieren.
Das Grundprinzip der ayurvedischen Behandlung der Hepatitis heisst: Wiederherstellung der Gesundheit des Körpers, und diese Gesundheit besteht in dem harmonischen Funktionieren der drei Bioenergien Vata, Pitta und Kapha. Der Stoffwechsel des gesamten Körpers muss ausgeglichen und harmonisiert werden. Das gleiche gilt für die Psyche, die wieder tatkräftig und fröhlich werden soll. Der Patient als Ganzes soll sich wieder wohlfühlen.
Es ist also keineswegs damit getan, dem Erreger den Garaus zu machen etwa durch virentötende Medikamente. Auch ein einzelner Botenstoff, wie das Interferon-alpha, der von aussen zugeführt wird, ist selbstverständlich nur eine teure und unbefriedigende Teilhilfe, die dem ganzen Netzwerk von Faktoren, die die Immunabwehr ausmachen, nur sehr begrenzt gerecht wird. Es gilt statt dessen, den gesamten Köper wieder besser zu harmonisieren und damit auch seine Abwehr und die eigene Abwehrstoffproduktion zu stärken. Für eine dauerhafte, erfolgreiche Heilung müssen wir den ganzen Patienten wieder gesund machen!

Aus "Mit Ayurveda Hepatitis heilen" von Dr.med Govin Dandekar, mit freundlicher Genehmigung des HAUG Verlags, Copyright beim HAUG Verlag.
Dieses Buch können Sie hier direkt bestellen.

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