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Nasya - Atemwege befreien

Nasya - Atemwege befreien

10.03.2022 | von Wiebke Abel. Nasya bezeichnet im Ayurveda die Reinigung der Nasennebenhöhlen und die Pflege der Nasenschleimhäute. Es ist eines der fünf Behandlungsformen der klassischen ayurvedischen Panchakarma-Kur. Bei diesem Verfahren werden medizinierte Öle, Kräuter, Abkochungen oder Rauch- und Kräuterdämpfe eingesetzt. In der Panchakarma-Therapie wird Nasya vor allem angewendet, um überschüssiges Kapha in Form von Schleim und Kälte im Kopfbereich zu entfernen. Aber auch außerhalb einer Kur unter medizinischer Leitung können Nasya-Öle für die tägliche Pflege der Schleimhäute im Rahmen einer ayurvedischen Tagesroutine verwendet werden.

Titelbild: Bildquelle:  © iStock by Getty Images / Jacob Wackerhausen

 

Nach der Sushruta Samhita, die zu den wichtigsten Werken der ayurvedischen Medizin zählt, wirkt das Nasya je nach Behandlungsart nährend oder reinigend und fördert die Klarheit des Geistes, Schönheit des Gesichtes und stärkt alle Sinnesorgane. Laut Ayurveda hat Nasya einen Effekt auf alle Nervenverbindungen oberhalb des Schlüsselbeins. Da die Nase in der ayurvedischen Tradition auch als „Pforte des Kopfes“ gilt, können viele Dysbalancen im Kopfbereich am besten über die Nase behandelt werden, indem die gestörten Doshas zunächst durch Wärme und Massage mobilisiert und dann über die Nase entfernt werden. 

 

Arten des Nasya

Es gibt fünf verschiedene Arten des Nasya, die im Rahmen einer ayurvedischen Behandlung eingesetzt werden. Bei der ersten Variante, dem Snehana Nasya, werden medizinierte Öle oder Ghees in die Nasenlöcher gegeben, wie z.B. Anu Thailam, Triphala Ghee oder einfaches Ghee. Diese Form von Nasya kann bei allen Indikationen gegeben werden. Je nachdem, wie viele Tropfen verabreicht werden, sprechen wir von einem sanften, mittleren oder intensiven Nasya.  

Bei der zweiten Version wird aus speziellen Pflanzen ein Sud oder Saft hergestellt, welcher dann in die Nase gegeben wird. Speziell bei Nasenbluten (Raktapitta) oder Bewusstlosigkeit bei einem epileptischen Anfall kann diese Variante eingesetzt werden. 

In der dritten Modifikation wird durch eine Pfeife oder ein Rohr Kräuterpulver in die Nase gepustet. Alternativ kann das Pulver auch als eine Art Schnupfpulver eingeatmet werden. Indikationen für diese Variante sind Verwirrungen des Geistes, Epilepsie und Kopfschmerzen bedingt durch Parasiten. Eine mögliche Kräutermischung dafür besteht aus schwarzem Pfeffer, Ingwer und Nelken. 

Die vierte Form ist die Inhalation von Rauch durch die Nase. Diese Rauchbehandlung kann vor dem Nasya gegeben werden, wenn Kapha in einem akut erhöhten Zustand ist oder im Anschluss an ein Snehana Nasya. Bestimmte Kräuter wie z.B. Pippali (langer Pfeffer) oder Vaca (Kalmuswurzel) werden auf heiße Kohle gelegt und der dadurch entstehende Rauch wird inhaliert. Einfacher ist das Rauchen von fertigen Kräuterzigaretten. 

Während die ersten vier Varianten des Nasya nur unter Aufsicht eines ausgebildeten Therapeuten durchgeführt werden sollten, kann die letzte Version alleine ausgeführt werden und dient der täglichen Pflege: Hierfür werden ca. zwei Tropfen geeignetes Öl mit dem Finger auf die Nasenschleimhaut aufgetragen. Diese Form des Nasya kann von allen Konstitutionen bis zu zweimal am Tag durchgeführt werden, gilt als gesundheitsfördernd in allen Jahreszeiten und kann von Geburt bis Tod gegeben werden. Empfohlen wird sie vor allem für Menschen, bei denen kein intensiveres Nasya durchgeführt werden kann, wie bei Kindern, schwachen, älteren und sehr sensiblen Menschen.  

Die folgenden Indikationen und Kontraindikationen gelten für die intensiveren Formen des Nasya, die nur im Rahmen einer ayurvedischen Behandlung durchgeführt werden. 

Indikationen:

  • Nackenschmerzen 
  • Zahnschmerzen 
  • Kiefersperre 
  • Nasennebenhöhlenentzündungen 
  • chronische Rhinitis 
  • Migräne 
  • Schulterschmerzen 
  • empfindliche Zähne 
  • Augenkrankheiten 
  • Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Ohrenschmerzen 
  • Tinnitus

Kontraindiktionen:

  • direkt nach dem Essen 
  • bei Verdauungsstörungen 
  • nach innerer Ölung (während einer Panchakarma Kur) 
  • nach Alkoholgenuss 
  • direkt nach dem Trinken von Wasser  
  • nach dem Haare waschen 
  • bei Erschöpfung 
  • an Tagen von Virechana oder Anuvasana Basti (während Panchakarma-Kur) 
  • Schwangerschaft 
  • Kinder unter sieben und Senioren über 80  
  • Nasenbluten (nur Variante 2) 
  • akute Rhinitis 
  • Husten

 

Wie wird Nasya durchgeführt?

In meiner Praxis verabreiche ich immer die Snehana Variante des Nasya. Zu Beginn der Behandlung wird eine intensive Kopfmassage mit Öl (Shiroabhyanga) durchgeführt, um das Kapha zu aktivieren. Dabei werden die Schultern, der Kopf und das Gesicht mit wenig Öl massiert. Im Anschluss erfolgt eine Inhalation mit ayurvedischen Kräutern und es werden feuchtwarme Kompressen aufgelegt. 

Je nach Konstitution werden danach eine passende Anzahl Tropfen des medizinierten Öls in die Nase gegeben. Der sich lösende Schleim wird über den Mund ausgespuckt. Die Nase sollte erst geputzt werden, nachdem die Behandlung beendet ist, damit das Öl möglichst lange wirken kann. Zum Abschluss werden erneut warme Kompressen auf das Gesicht aufgelegt und es wird mit Salzwasser gegurgelt, um weitere Verschleimungen zu lösen.  

Nach der Behandlung ist es wichtig, ausreichend zu Ruhen. Geduscht werden sollte erst nach zwei bis drei Stunden und der Kopf sollte unbedingt bedeckt sein, wenn man nach draußen geht. Wind und starke Sonneneinstrahlung sollten vermieden werden, genauso wie langes Lesen, Fernsehgucken, Computerarbeiten oder andere mentale Anstrengungen. Eine leichte und ausgewogene Ernährung ist für einen guten Erfolg dieser befreienden Behandlung empfehlenswert.

 

Anzeichen einer erfolgreichen Anwendung:

  • Leichtigkeit im Kopf 
  • tiefer Schlaf und leichtes Aufwachen 
  • Verminderung der Probleme 
  • Klarheit in den Sinnesorganen und des Geistes

Wenn die Probleme immer noch stark sind, sollte man die Behandlung bis zu sieben Mal wiederholen. Zwischen den einzelnen Behandlungen können ein bis drei Tage Pause liegen. Vor allem bei chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen empfiehlt es sich, ein Set von mindestens drei Nasya durchzuführen.  Auch bei Allergien sollte man mehrere Sitzungen einplanen und am besten mit der Behandlung vor dem Beginn der Allergiezeit beginnen. Gerade bei chronischen Beschwerden wie Allergien, aber auch Tinnitus oder Migräne, bei denen die Schulmedizin außer Cortison oder Operationen wenig Lösungen bietet, lohnt es sich, diese intensive aber im Vergleich immer noch sanfte Alternative auszuprobieren.

 

Wiebke Abel ist Ethnologin (M.A.). Sie arbeitet als Heilpraktikerin, Ayurveda- Beraterin und -Therapeutin in Hamburg. http://www.svasthya.de

 

Der Artikel ist erschienen im Ayurveda Journal Nummer 69:

 

Hier können Sie diese Ausgabe bestellen:

https://shop.ayurveda-journal.de/heft-69-detox-und-immunstaerkung.html

 


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