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Brigitte Stapp-Bretsch, HP

31.07.2006 |

1. Wie würden Sie die Abgrenzung von medizinischem Ayurveda zu Wellness definieren?

Medizinisches Ayurveda betrachtet den Mensch als Einheit von Körper, Seele und Geist. M.E. ist dies im Wellnessbereich nicht möglich – auch wenn es gerne so dargestellt wird. Im Wellnessbereich sind  sehr viele Menschen tätig, die oft nur über sehr eingeschränkte ayurvedische Kenntnisse verfügen.
Im Wellnessbereich geht es in erster Linie um Entspannen, Alltag hinter sich lassen, wohlfühlen. Leider wird dabei oft vergessen, daß es erhebliche Nebenwirkungen z.B. bei unsachgemäßer Ölanwendung geben kann. Im medizinischen Ayurveda steht der Mensch als Patient im Vordergrund. Sei es präventiv oder pallativ. Mir ist z.B. ein Fall bekannt: der Hotelgast buchte einen Shirodhara (Stirnölguß) zur Entspannung. Nach dieser Anwendung musste er sich einer noch andauernden psychotherapeutischen Behandlung unterziehen. Die medizinischen Ayurvedatherapeuten wissen natürlich, daß die ganzen Ölanwendungen aus dem Gesamtkonzept des Ayurveda herausgenommen wurden, ohne die möglichen Folgen zu berücksichtigen.
Als Dozentin biete ich den Bereich Wellness & Ayurveda bewußt an, um somit gezielt auf mögliche Gefahren unsachgemäßer Anwendungen hinweisen zu können.
Dem medizinischen Ayurveda zugeordnet ist der gut ausgebildeten Arzt oder Heilpraktiker, bei dem der Patient sachkundige Hilfe findet. Drawyaguna als medizinisches Standbein sollte nur dem fachlich versierten Therapeuten vorbehalten sein, da mit den  tiefgreifenden Substanzen der ayurvedischen Kräuterheilkunde folgenschwere Fehler herbeigeführt werden können.


2. Wie sehen Sie die Rolle des Ayurveda-Arztes und Heilpraktikers gegenüber dem Patienten? Welches Selbstverständnis zeichnet den Arzt oder HP aus
- aus Sicht des Ayurveda
- aus eigener Sicht

Ayurveda sieht die Rolle des Behandlers als eine sehr Verantwortungsvolle und Umfassende. Der Patient wird als Ganzes gesehen und nicht in Teilaspekte zergliedert. Problematisch ist oft, daß die Mitarbeit des Patienten unabdingbar erforderlich ist, um erfolgreich arbeiten zu können. Dazu ist die Einsicht des Patienten notwendig, sowie seine Fähigkeit, Verhaltensweisen ändern zu wollen. Hier werden die Grenzen des Behandlungserfolges oft vom Patienten gesetzt. Medizinisches Ayurveda könnte also mehr leisten, wenn die Menschen zugunsten Ihrer Gesundheit z.B. ihre Ernährung umstellen würden.

Ich persönlich versuche in meiner Rolle als Heilpraktikerin, den Patienten in seiner Gesamtheit zu erfassen. Dies geht z.B. im Falle der Problematik des unerfüllten Kinderwunsches  über die Kräuterheilkunde soweit hinaus, daß ich oft noch einen Blick ins vedische Horoskop (Jyotish) und in die Wohnsituation (Vastu) der Patientin für angeraten halte. Beides sind glücklicherweise Spezialgebiete meines Mannes. Zudem halte ich es für vertretbar und im Interesse der Patienten für hilfreich, ayurvedische Behandlungsansätze mit anderen Therapieformen ( wie z.B. Akupunktur oder Russische Volksheilkunde) zu kombinieren. Da ich mir über die Grenzen des Ayurveda durchaus bewußt bin, erweitere ich meinen therapeutischen Spielraum sowohl durch den gezielten Zugriff auf die benachbarten vedischen Disziplinen als auch auf andere naturheilkundlichen Ansätze.

3. Welche Rolle spielt Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem heute und zukünftig? Welche Risiken und Chancen gibt es? Gibt es Unterstützung oder Hindernisse, sich als Mediziner oder HP mit Ayurveda auseinander zu setzten?

Noch spielt Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem eine untergeordnete Rolle. Doch sind immer mehr Ärzte zur Kooperation bereit oder bieten Ayurveda bereits als Praxisbestandteil an. Ein Betätigungsschwerpunkt sehe ich im onkologischen Bereich in der postoperativen Behandlung. Gerade bei schulmedizinisch austherapierten Patienten habe ich die Erfahrung gemacht, daß die Schulmedizin ein offenes - wenn auch zweifelndes - Ohr hat. Als Heilpraktikerin kann ich weder über besondere Unterstützung noch Hindernisse durch die niedergelassene Ärzteschaft berichten.

4. Gibt es Krankheitsbilder, die prädestiniert sind für die Behandlung durch Ayurveda und welche?

In meiner Praxis wende ich medizinisches Ayurveda mit großem Erfolg besonders auf meinem Spezialgebiet, der Frauenheilkunde, an. Des weiteren sind ayurvedische Behandlungsmethoden bei allen vegetativen Leiden überdurchschnittlich erfolgreich. Große Behandlungserfolge werden erzielt bei Streßsymptomen verschiedener Ausprägung bis zum Burn- Out- Syndrom .
Ebenfalls sehr gute Behandlungsergebnisse im onkologischen Segment sind mit Panca Karma Kuren schon während der Chemotherapie zu erzielen. Das Immunsystem des Patienten stabilisiert sich durch die ayurvedische Behandlung sehr schnell. Hier könnte die Lebenssituation vieler Betroffener und ihrer Familienmitglieder verbessert und erleichtert werden.

5. Haben Sie Kenntnisse über Forschungsprojekte zu Ayurveda? Wenn ja, welche?

Forschung interessiert mich nur von ihren Ergebnissen, ich bin eher ein Praktiker.

6. Welche Möglichkeiten sehen Sie, sich weiterzubilden?

Durch den privaten Kontakt zu befreundeten Vaidyas und durch Lesen englischer Übersetzungen.

7. Reichen aus Ihrer Sicht die Diagnosemöglichkeiten des Ayurveda aus?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da ich neben dem Ayurveda über weitere Diagnosetechniken verfüge. Das lässt sich dann nicht mehr wirklich trennen. Ich selbst schätze es ungemein, über den Ayurveda-Tellerrand hinausblicken zu können.

8. Gibt es noch Aspekte, die Ihnen speziell wichtig sind?

Mir persönlich liegt die fachlich gute Ausbildung von Ayurvedatherapeuten mit HP - Hintergrund am Herzen. Dies versuche ich im Bereich der Deutschen Paracelsus Schulen umzusetzen. Ich biete meinen Absolventen ein Internetforum zum fachlichen Austausch. Der Erlös dieses Forums wird als Seva zu Weihnachten einem Waisenhaus zur Verfügung gestellt.
Mein Bemühen gilt auch den Anwendern im Wellnessbereich. Dies ist ein zukunftsträchtiger Bereich, der nicht vernächlässigt werden sollte. Ich biete qualifizierte Ausbildungen im Massagebereich an, denn dort bin ich direkt am Anwender und kann auf das klassische Ayurveda hinweisen. Dadurch ist es schon oft gelungen, Teilnehmer für eine fundierte große Ausbildung zu interessieren.


Naturheilpraxis und Ayurveda
HP Brigitte Stapp-Bretsch
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www.naturheilpraxisayurveda.de

 

 

 

 


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