Status: Nicht angemeldet


Themen Special *Ayurveda-Medizin* - Frage 3

Frage 3

Welche Rolle spielt Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem heute und zukünftig?
Welche Risiken und Chancen gibt es? Gibt es Unterstützung oder Hindernisse, sich als Mediziner oder HP mit Ayurveda auseinander zu setzen?


Die Stellung des Ayurveda im heutigen Gesundheitssystem beschreiben unsere Experten wie folgt:
Dr. Kalyani Nagersheth: „Im Vergleich zur Traditionellen chinesischen Medizin spielt Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem eher eine untergeordnete Rolle. Die breite Öffentlichkeit verbindet Ayurveda eher mit Wellness als mit Medizin.“
Und Dr. Ernst Schrott ergänzt: „Derzeit ist Ayurveda als praktiziertes Medizinsystem im Westen noch gering verbreitet, trotz aller Bekanntheit.“

Zur Rolle von Ayurveda in der Zukunft, bezieht Dieter Scherer (HP) eine klare Position:
„Welche Rolle Ayurveda in der Zukunft spielen wird, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich als Medizin etablieren kann oder nicht. Wenn wir weiterhin diese unsägliche Vermischung von Wellness und Ayurveda Medizin zulassen, wird es schwer werden, Ayurveda als Medizin ernst zu nehmen.“

Und Markus Ludwig (HP) ergänzt: „Ein Risiko ist sicherlich, das der Ayurveda im Zuge seiner Vermarktung so begrenzt und entstellt wird, das verhältnismäßig wenig Menschen sein eigentliches Potential wissen und nutzen.“

Und es gibt weitere Punkte, die einer Etablierung von Ayurveda im Wege stehen:

Dazu Alexander Pollozek (HP): „Die Risiken der Etablierung von Ayurveda im Westen sehe ich nur im Hinblick auf eine Verwässerung durch unqualifizierte, mangelhaft ausgebildete Etikettenschwindler, die mit der Marke ‚Ayurveda’ das schnelle Geld machen wollen.“
Elmar Stapelfeldt (HP) ergänzt: „Durch unzureichende Ausbildung und Trendgier gefördert, kann eine schlechte Ayurveda-Praxis dazu führen, dass der Sympathiebonus, den Ayurveda genießt, verspielt und Ayurveda unter der Modewelle, die ihn einst getragen hat, begraben wird.“

Darüber hinaus thematisiert Elmar Stapelfeldt (HP) ein grundsätzliches Hindernis, das mit der derzeitigen Gesetzeslage zusammenhängt,: „ Die rechtliche Lage für Ayurveda-Vertreter, ihre Therapien und Heilmittel ist auch weiterhin ungeklärt.“
Dr. Hans Rhyner (Naturarzt) formuliert das in einem schönen Bild: „Im westlichen Gesundheitssystem müssen wir uns als Komplementärmedizin ein- oder besser gesagt unterordnen. Dem wunderschönen Ayurveda-Vogel werden die Flügel gestutzt und dann heißt es, sieh der kann ja gar nicht fliegen.“
Dr. Rössler nennt konkrete Beispiele: „Für den praktizierenden Ayurvedaarzt ergeben sich Schwierigkeiten durch die negative Presse über schwermetallbelastete Kräutermedikamente sowie auch durch erhöhtes Haftungsrisiko, da die Präparate als Medikamente nicht zugelassen sind.“

Ein weiteres Problem auf dem Wege zur medizinischen Anerkennung von Ayurveda im Westen formuliert Dr. Kalyani Nagersheth: „Da es sehr problematisch ist, aussagekräftige empirische Studien sowohl über die Wirksamkeit der ayurvedischen Kräuter, als auch der ayurvedischen Therapien als Ganzes durchzuführen, ist auch die Anerkennung des Ayurveda im westlichen Gesundheitssystem schwierig.“

Vor diesem Hintergrund werden Forderungen nach einheitlichen Standards und mehr Forschung laut.
Dazu Dieter Scherer (HP): „Des weiteren braucht die Ayurveda Medizin unabhängige einheitliche Standards für Ausbildung und Beruf, die von der indischen Ausbildung abgeleitet werden müssen. Schließlich müssen gerade die medizinischen Forschung sowie klinische Studien vorangetrieben werden, damit das große Potenzial von Ayurveda in der Gesellschaft als Wissenschaft erkannt und anerkannt wird.“


Zum Glück gibt es nicht nur Hindernisse und Risiken für die Etablierung von Ayurveda als Medizinsystem.
Eine wesentliche Unterstützung, wenn auch unfreiwillig, kommt von der westlichen Schulmedizin:
„Gerade bei schulmedizinisch austherapierten Patienten habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Schulmedizin ein offenes – wenn auch zweifelndes – Ohr hat.“ erläutert Brigitte Stapp-Bretsch (HP):
Man könnte es auch so formulieren wie Sujata Tambe (HP): „Die Bereitschaft der westlichen Medizin, sich mit Ayurveda wirklich auseinander zusetzen, ist zwar immer noch sehr gering, wird jedoch durch die hohe Anfrage seitens der leidenden Menschen gezwungenermaßen erhöht.“

Der suchende Patient ist somit ein ganz wesentlicher Faktor für die Etablierung von Ayurveda als medizinisches System im Westen:
So sagt Ralf Steuernagel (HP): „Die seit Jahren wachsende Unzufriedenheit und Skepsis vieler Patienten gegenüber der modernen Medizin resultiert aus der zunehmenden Ratlosigkeit in der Behandlung schwer greifbarer Beschwerden.“

Heike Seegebarth (HP) erklärt: In der westlichen Medizin wird der Körper in einzelne Teile geteilt und der Mensch wird nicht im Zusammenhang gesehen. Das kann ein großes Risiko in sich bergen. Verbessert sich ein Symptom, ohne die Entstehungswurzel behandelt zu haben, kann eine „scheinbar neue“ Erkrankung an einer anderen Stelle auftreten, da die Erkrankung nicht entwurzelt wurde. Symptomfreiheit heißt nicht unbedingt Heilung.

Außerdem entspricht der ayurvedische Ansatz einem sich ändernden Gesundheitsverhalten der Menschen. Dazu sagt Elmar Stapelfeldt (HP): „Er deckt sich in vielen Punkten mit den Erwartungen des modernen Patienten: ganzheitliche Ausrichtung, individuumsbezogener Ansatz, gute Rahmenbedingungen für die Kooperation mit anderen Heilansätzen, Betonung der Prävention, Eigenverantwortlichkeit des Patienten, Naturnähe, wenig Nebenwirkungen etc.

Zur Rolle und dem Potential der Ayurveda-Medizin in unserem westlichen Gesundheitssystem sehen unseren Experten eine spannende Perspektive:

Dr. Dietrich Wachsmuth: „Ayurveda füllt eine wesentliche Lücke im Verständnis von Gesundheit, in der Prävention und Gesunderhaltung, in der Behandlung vieler chronischer und psychosomatischer Krankheiten und Störungen, in der Hilfe zur Selbsthilfe im Alltag sowie in der Verständigung und Verknüpfung verschiedener Ebenen (Geist, Psyche, Körper, Umwelt, Ernährung, Verhalten, Körpertraining).“

Dr. med. Ernst Schrott: „Ayurveda besitzt das Potential, die moderne Medizin perfekt zu ergänzen: mit großem Vorteil für den Gesunden, den Kranken, den Arzt, die Krankenkassen und das Gesundheitswesen als Ganzes. Ayurveda ist eine Vorbeugemedizin par excellence und sie hat bewährte und erfolgreiche Therapien vor allem für solche chronische Krankheiten, für die die moderne Medizin in der Regel keine ursächlich heilenden und nebenwirkungsarmen Behandlungen besitzt.“


Cookie Consent mit Real Cookie Banner