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Dr. Hans H. Schäffler, Gesundheitszentrum Schloss Pichlarn

28.09.2005 |

Fragen zum Herbst-Special 2005 im Ayurveda-Portal –
„Ayurveda und Wellness“


1. Das Thema Ayurveda und Wellness wird sehr kontrovers diskutiert. Wie ist Ihre Sichtweise?
Bitte nur mit einem Satz antworten.

Die Kontroverse besteht zurecht. Ayurveda hat zwar traditionell stressreduzierende, entspannende und präventive Behandlungen im Programm hat. Sie setzen aber ein aktives Engagement des Klienten voraus und nicht konsumorientiertes, passives Verhalten.

2. Wie definieren Sie Wellness?

Wellness ist überwiegend passives Wohlbefinden, vermittelt durch Anwendungen wie z. B. Massagen oder Einrichtungen wie Saunen, Thermalbäder u.a.

3. Wenn man Wellness als einen Bestandteil/Aspekt des Ayurveda betrachtet
a. wo sehen Sie dann die Abgrenzung zwischen Medizin und Wellness?

Die Abgrenzung ist dort, wo der Name sie setzt. Medizin bzw. eine Heilkunde setzt ausgebildetes Fachpersonal voraus. Sie baut auf den klassischen Kriterien der Diagnose Und therapie auf, die Im Ayurveda sowohl für die Behandlung von Krankheiten wie auch zur Stärkung der Gesundheit gelten.

b. welche Qualitätskriterien sollte eine ayurvedische Wellness-Behandlung aus Ihrer Sicht erfüllen?

Ayurvedische Wellness bezieht sich vorwiegend auf die Ölbehandlungen. Grundlage für deren Anwendung müsste eine Minimum an standardisierter Ausbildung sein, die die Anmeldung eines Gewerbes erlaubt. Ziel sollte ein „ayurvedischer Praktiker“ sein, der neben den behandlungen die Grundlagen ayurvedischer Lebensführung vermitteln.

c. Welche Qualitätskriterien sollte eine medizinische Behandlung aus Ihrer Sicht erfüllen?

Für die medizinische Behandlung gibt es bereits eine Reihe von Vorbildern, wie z.B. die TCM. Ayurveda bietet sich als Zusatztitel für Ärzte an. Jedes Land hat für die Zusatztitel eine bestimmte Anzahl an Ausbildungsstunden vorgeschrieben. Für die ayurvedischen Kuren muss der Arzt auf ausgebildete Therapeuten zurückgreifen können, die im Gegensatz zum ayurvedischen Praktiker nach Verordnung des Arztes auch medizinisch indizierte Behandlungen durchführen können.

4. Hat der Wellnessboom dem Ayurveda eher geschadet oder genützt?

Der Wellnessboom hat den Bekanntheitsgrad des Ayurveda sicher gefördert. Dem Ayurveda selbst dürfte er geschadet haben. Der Ayurveda ist eine alte, ganzheitliche Heilkunde, die über Jahrtausende ein ganzes Subkontinent flächendeckend versorgt hat. Sie lebt und stirbt mit der Qualität von ayurvedisch ausgebildeten Ärzten, die sie anbieten. Bevor der Ayurveda sich in der Ärzteschaft etablieren konnte, ist er durch den Wellnessboom auf die Ebene von Therapeuten gelangt, für die es keine vorgeschriebene Ausbildung gibt. Hotels lassen ihre Kosmetikerinnen oft in 2 Tagen in ein Abhyanga einschulen und nennen das Ayurveda. Ich vergleiche das gerne mit dem Fall, dass jemand in Indien ein Institut für Fußpflege eröffnet und dann ein Schild „Praxis für interne Medizin“ vor die Türe hängt.
Der Vollständigkeit halber will ich anführen, dass es ausgezeichnete ayurvedische Therapeuten gibt, die ihre Sache ernst nehmen. Dennoch ist hier ein Zerrbild vom Ayurveda entstanden, dass erst wieder korrigiert werden muss.


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