Margrit Witt-Horchler, Villa Veda Hamburg

1. Welche Bedeutung hat die Ernährung im Ayurveda? Welches Potenzial hat sie?

Im Ayurveda nimmt die ausgewogene, typgerechte, jahres- und tageszeitliche Ernährung eine Wichtigkeit von etwa 80 Prozent aller ayurvedischen Bemühungen zur Gesunderhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit ein. Auch ein Ayurveda-Arzt wird mit Ernährungsratschlägen die Dosha-Ungleichgewichte harmonisieren. Unser Stoffwechsel beeinflusst alle Organe und auch Gewürze, Teemischungen und Ausleitungskuren wirken über den Verdauungstrakt (der beginnt übrigens im Mund).

2. Viele Menschen sehen die ayurvedische Ernährung sehr eng verknüpft mit der indischen bzw. singhalesischen Küche. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ayurveda ist universell anwendbar und die Verfasser der ayurvedischen Kompendien schlagen vor, dass für den Erfolg der Ernährungstherapie eine dem Klima und der Region passende Nahrung nötig ist. Ayurvedisches Essen kann geprägt sein durch unterschiedliche regionale und kulturelle Bedürfnisse, besonders wichtig sind aber die Einhaltung der ayurvedischen Regeln und die Vitalkraft und Frische das Essen. Importierte Nahrungsmittel können gerne genossen werden, und wer möchte schon auf alles verzichten, was zum Beispiel in Europa nicht wächst, aber die frische Kost aus der Gegend (noch besser aus dem eigenen Garten) sollte hauptsächlich verzehrt werden. Indische und singhalesische Gerichte sind lecker und sollten den Speisezettel auch ab und zu beehren, aber sie sind nicht das Maß aller Dinge für die ayurvedische Ernährung in Deutschland.

Zusatzfrage: Gibt es Beispiele dafür, dass der Einfluss des indisch/singhalesischen Kulturkreises die ayurvedischen Ernährungsempfehlungen (einseitig) geprägt hat… (z.Bsp. Chutney? Lassi ? Dal?) ?

Die Zusatzfrage ist ein bisschen suggestiv: Im Ayurveda sollte alles in Maßen genossen werden, und auch Chutney, Lassi und Dal in Maßen und ayurvedisch zubereitet, sollten kein Ernährungsproblem bewirken.

3. Welche Bedeutung haben Milch, Sahne und Co. in der ayurvedischen Ernährung?

Milchprodukte spielen im Ayurveda eine wichtige Rolle, denn Milch ist ein komplexes und nahrhaftes Produkt. Wie bei allen Ernährungsempfehlungen im Ayurveda wird auch bei der Milch auf die Einhaltung der nötigen Regeln geachtet. Wer verzehrt die Milch? Welche Dosha-Kombination oder –Störung hat der Client. Sollte auf sie verzichtet werden (z.B. bei einer starken Kapha-Konstitution) oder sollte sie aufgekocht mit Kardamom und Kurkuma, nur verdünnt oder nur zu bestimmten Tageszeiten, oder nur mit bestimmten Medikationen (um den bitteren Geschmack zu kompensieren) genossen werden. Alle diese Fragen und weitere bestimmen, ob der Ayurveda-Ernährungsberater Milch empfiehlt. Nichts ist im Ayurveda generell empfehlenswert, also auch nicht die Milch.

4. Empfiehlt der Ayurveda eine vegetarische Ernährung? Wie ist Ihr Standpunkt?

Vegetarische Ernährung ist empfehlenswert, wenn der Klient ausreichend über die Kombinationsmöglichkeiten von pflanzlichem Eiweiß z.B. Reis und Hülsenfrüchte oder Kartoffeln mit Ei oder Milch informiert ist. Gefährlich leben Puddingvegetarier, die sich ohne weitere Kenntnisse einfach ohne tierische Lebensmittel ernähren (und vielleicht sogar noch rauchen oder Kaffee und Alkohol trinken). Meiner Erfahrung nach ist es ratsam, einmal die Woche Fisch oder Geflügel zu verzehren, aber das hängt natürlich davon ab, ob man das Töten von Tieren für natürlich oder für verwerflich hält. Grundsätzlich ist die vegetarische Ernährung gesund, wenn der Vegetarier gut informiert ist (z.B. durch Beratung).

5. Welche einfachen Tipps geben Sie einem Einsteiger in die ayurvedische Ernährung?

Für Einsteiger ist die Umstellung auf ayurvedische Ernährung einfach oder kompliziert, je nachdem wie umsichtig oder wie falsch sie sich bisher ernährt haben. Grundsätzlich kann umso mehr für die Gesundheit bewirkt werden, je besser und umfangreicher der Klient sich mit dem Thema auseinandersetzt.

6. Wenn Sie das Grundprinzip der ayurvedischen Ernährung in einem Satz formulieren sollten, wie würde der Satz lauten?

Das Grundprinzip der ayurvedischen Ernährung ist die ganzheitlich ausgewogene, den Bedürfnissen des Klienten angepasste Ernährung. Wer seinen Körper, den er von Gott erhalten hat, zum Dank dafür pflegt und richtig nährt, hat meistens wenig Probleme. Kerstin Rosenberg, meine Lehrerin, hat den Satz vom „Kochen nach Gottes Plan“ geprägt. Wer Ihre Bücher kennt, weiß das.